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Wurstlos. Das Buffet war vegan.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Sonntagsbraten oder Vitaminpille?

Humboldtschüler luden ein zum Dialog zwischen Fleischessern, Veganern und Vegetariern

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Der Duft, der über den Schulhof zog, kam mit Sicherheit von einer echten Bratwurst. „Irgendwas von Kaufland“, sagte der Schüler am Grill. Keine Bioqualität – aber sie verkauften sich besser als Halloumi und Gemüsespieße. Am Mittwochabend im Humboldtgymnasium waren die Fleischesser definitiv in der Überzahl. Geladen war zu einer öffentlichen Diskussion über Ernährungsprinzipien: „Es geht um die Wurst: Versuch des Dialogs zwischen Veganern und Fleischessern“.

„Es kursiert viel Halbwissen, mehr Aufklärung wäre besser“, sagte Jonathan Jacob. Der Zwölftklässler gehört zur offenen Gruppe Sharewood, Schüler, die regelmäßig Aktionen wie Tauschmärkte, Kleider und Lebensmittelsammlungen organisieren und damit unter anderem die Potsdamer Tafel unterstützen. „Sharewood – nach dem Wald von Robin Hood, der mit den Armen teilte“, erklärt der Schüler den Namen. Bei dieser Sharewood-Veranstaltung sollte es um die eigenen Ernährungsgewohnheiten gehen. Im Podium saßen Politiker und Verbraucherschützer, Schüler, Biobauern, Ernährungsexperten. Die Fleischverfechter hatten keine Chance. Nur zwei gaben zu, bisweilen und wenn, dann nur Bioqualität zu essen. „Wir hatten einige Fleischesser eingeladen, aber kaum einer wollte kommen. Die Veganer sind vielleicht auch von Natur aus mitteilungsbedürftiger.“

Mit missionarischem Eifer nahm gleich zu Beginn Greenpeace-Aktivist Ben Colin Matthies das Publikum in die Mangel, fragte, wer die Massentierhaltung für schlimm halte. Wer sich meldete – das waren im vollen Saal natürlich viele – der müsste konsequenterweise ab sofort vegetarisch leben. Das fand auch Grünen-Politiker Frank Spade. Und rechnete vor, wie viel Ackerland für Tierfutter, also die Fleischproduktion, verbraucht wird – auf Kosten der Dritten Welt. So einfach sei das nicht, sagte Biobauer Rudolph Dieckmeier. Der Fleischkonsum sei nicht für alle Krisen der Welt verantwortlich. Auch die Zuckerkrise habe viel kaputt gemacht. „Und wenn ihr hier schönen Ökostrom aus Getreide verbraucht, macht das auch die Landwirtschaft kaputt.“

Einig waren sich die Beteiligten, was gesundheitliche Aspekte betraf. Fleisch brauche man nicht unbedingt, es ginge sogar komplett ohne tierische Eiweiße – wenn man ab und zu eine Vitamin-B12-Pille lutscht. Es gehe sogar ohne industriell gefertigte Fleischersatzprodukte, sagte Gesundheitsberaterin Maren Albrecht. „Ich brauche keine Tofuwurst.“ Einigkeit herrschte auch darüber, dass im Gefüge der Lebensmittelbranche vieles nicht stimmt. Doch was tun? Der Verbraucher müsse seine Gewohnheiten ändern, sagte einer, die Politik strengere Gesetze zum Tierschutz schaffen, sagten andere. Einfach auf Qualität achten, sagte Schülerin Lea Tamberg. Und: „Ich bin für die Wiederentdeckung des Sonntagsbratens.“ „Meine Rinder bekommen Futter vom Hof und werden auch bei uns geschlachtet“, warb der Biobauer.

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