Von Henri Kramer: Sorgen an der Alten Zauche
Gestern besuchten die Flüchtlinge vom Lerchensteig das neue Asylheim
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Schlaatz - Die Blicke wirken skeptisch. Rabih Hamada, seine Frau Hanan und ihre drei Kinder betreten erstmals eine der 2,5-Zimmer-Wohnungen des neuen Asylbewerberheims. Rund 50 Quadratmeter für fünf Personen. „Das ist schon sehr eng“, sagt Rabih, der aus dem Libanon stammt. Im bisherigen Asylbewerberheim haben sie mehr Platz, sagen sie.
Gunnar Schulz können solche Feststellungen nicht freuen. Der Referent von Diakonie-Chef Marcel Kankarowitsch hat am gestrigen Donnerstag den rund 140 jetzt noch am Lerchensteig lebenden Flüchtlingen ihr neues Heim gezeigt, es ihnen schmackhaft machen wollen.
Und tatsächlich kann Schulz in dem Fünfgeschosser an der Alten Zauche viele Pluspunkte vorweisen. Die Wände der Gänge haben neue Farben, es riecht frisch gestrichen. Die Böden der Wohnungen bedeckt neues Laminat, die Bäder sehen neu gefliest aus. Und immer noch sind Handwerker im Haus beschäftigt, um etwa das Internetcafé im Keller einzurichten.
Doch ist die Unsicherheit bei den späteren Nutzern noch groß, viele Dinge scheinen unklar. Wie soll es funktionieren, wenn sich beispielsweise zwei Asylbewerber künftig einen Kühlschrank teilen sollen? Am Lerchensteig hat jeder einen. Und neben den beengten Verhältnissen für größere Familien sind es vor allem die Durchgangszimmer, die bei den anwesenden Migranten für Skepsis sorgen. So steht Schulz mit zwei Afrikanern in einer Wohnung, in der sie möglicherweise bald gemeinsam wohnen sollen. Das Eingangszimmer ist hier gleichzeitig die Küche, zwei Türen führen in das Bad und einen weiteren Raum. „Wie soll hier einer kochen, wenn der andere schlafen will?“, fragt einer der beiden.
Die Antwort von Schulz klingt so: In jüngeren Jahren habe er sich mit einem anderen Mitbewohner auch so eine ähnliche Wohnung geteilt. Und dabei das Eingangszimmer als Wohnbereich, das zweite Zimmer als gemeinsamen Schlafraum genutzt. „Das sind nur sieben Stunden an einem Tag gemeinsam in dem Raum.“ Zudem hätten er und sein damaliger Mitbewohner das Schlafzimmer aber auch abwechselnd als Intimszone genutzt, bei Damenbesuch dürfe der zweite Mitbewohner eben eine zeitlang nicht stören. „Das funktioniert“, sagt Schulz. Die Blicke bleiben skeptisch.
Und so muss Schulz schließlich einräumen, dass selbst seine Lösung nur funktionieren kann, wenn niemand der beiden Schläfer schnarcht. „Und es wäre natürlich schon gut, wenn sich befreundete Menschen so eine Wohnung teilen.“ Bei der Migrationsberatung der Diakonie können sich die Lerchensteig-Bewohner bereits in Listen eintragen, mit wem sie zusammen wohnen möchten.
Denn ein Zurück gibt es nicht. Das hat auch Oberbürgermeister Jann Jakobs noch einmal bei der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch deutlich erklärt. „Nun beginnt die Arbeit erst richtig“, so Jakobs eindringlich. Und: „Wenn wir den Menschen im Heim ein gutes Zuhause bieten können, dann strahlt dieser innere Friede auch nach draußen.“ Von den Durchgangszimmern und den Sorgen darüber hat Jakobs nichts gesagt.
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