Homepage: Sorgen um die Jüdischen Studien
MMZ-Direktor Schoeps plädiert für eigene Fakultät / MMZ soll in Stiftung eingehen
Stand:
MMZ-Direktor Schoeps plädiert für eigene Fakultät / MMZ soll in Stiftung eingehen Von Jan Kixmüller An der Universität Potsdam ist einer der wichtigsten Profilbereiche in Bewegung geraten. Uni-Rektor Wolfgang Loschelder verriet unlängst, dass derzeit darüber nachgedacht wird, ob die Jüdischen Studien eine selbstständige Fakultät oder ein Zentralinstitut werden sollen. Bis September soll die Philosophische Fakultät diese Frage geklärt haben. Die Idee einer eigenständigen Fakultät für Jüdische Studien hält Julius H. Schoeps, Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums (MMZ) für angebracht. „Das wäre bundesweit eine einmalige Einrichtung, die nicht nur der Universität sondern auch dem Land Brandenburg ein enormes Renommee bringen würde; alles was darunter ist, halte ich für wenig interessant.“ Ihm ist allerdings schleierhaft, welche Widerstände es gegen eine solche Einrichtung gibt. Schoeps selbst hatte vor einigen Jahren die Idee einer Berlin-Brandenburg übergreifenden Fakultät Jüdische Studien aufgebracht. Sozusagen im Vorgriff auf die angedachte Fusion der beiden Länder. Das ganze 19. Jahrhundert sei für eine Fakultät für Jüdische Theologie gekämpft worden, was nie gelang: „Weil es die Universitäten nicht wollten.“ Nun habe man diese einmalige Chance. Die Fakultät wäre ein internationales Signal dafür, dass ein Umdenken im Land eingesetzt habe. Auch wäre es so möglich, Stiftungslehrstühle zu bekommen und internationale Kontakte auszubauen. Ob die Zeit dafür in Potsdam reif ist, werde sich nun zeigen. „Sonst wird eine solche Fakultät woanders kommen.“ Schoeps sorgt sich um die Zukunft der von ihm selbst mit angeschobenen Jüdischen Studien. Das Fach, das sowohl von der Universität wie auch vom Land immer wieder gerne als innovativer Profilbereich gepriesen wird, habe weder eine vernünftige Struktur noch eine ausreichende Ausstattung. Bislang laufe alles auf der Basis der Freiwilligkeit der beteiligten Lehrstühle. Mittlerweile hat es laut Schoeps schon Probleme mit Promotionen gegeben, für die rund 400 Studierenden der Jüdischen Studien sei zudem der Sprachunterricht nur noch bedingt abgesichert, Drittmittelprojekte würden auslaufen. „Die Zeit drängt“, so Schoeps. Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Bernhard R. Kroener hält die Idee einer eigenständigen Fakultät Jüdische Studien für interessant und diskussionswürdig. Widerstände dagegen hätten sich vor allem aus der Philosophischen Fakultät heraus ergeben. Hier befürchte man, dass durch eine neue Fakultät eigene Stellen abgezogen würden. „Die Rückwirkungen auf die Philosophische Fakultät müssen bedacht werden“, so Kroener. Denn für eine neue Fakultät würde ein großer Personalbestand für die Lehre benötigt. Und der ist nicht da. Zudem müsste es eine eigene Habilitations- und Promotionsordnung geben – ein Präzedenzfall ohne Vorbilder. Das Moses Mendelssohn Zentrum, aus dem einst der Anstoß für die Jüdischen Studien kam, soll nach Ansicht seines Direktors Julius H. Schoeps ein eigenständiges An-Institut der Universität Potsdam bleiben. Eine Überführung in ein Institut der Universität lehnt er ab, so wäre die Beteiligung an Rundfunksendern (Radio Paradiso) und Verlagen (Verlag für Berlin-Brandenburg) nicht möglich. Das MMZ soll in Zukunft unter dem Dach einer Stiftung weiter geführt werden. Zum 275. Geburtstag von Moses Mendelssohn am 6. September wird das Stiftungskonzept, das den PNN vorliegt, der Öffentlichkeit präsentiert. Nach dem Vorbild der Bosch-Stiftung soll eine Moses Mendelssohn Stiftung ins Leben gerufen werden, in der Holding werden das MMZ und die Mendelssohn Akademie in Halberstadt Platz finden. Durch die Stiftung will man die Zukunft der beiden Häuser absichern. Gemeinnützige Arbeit soll den Charakter der Stiftung ausmachen. Der Bruder von Prof. Schoeps, Dr. Manfred Schoeps, will dafür die Firmengruppe Frankonia in eine gemeinnützige Stiftung umwandeln. Da man aus der Familie Mendelssohn komme, will man die Tradition der Aufklärung und des Mäzenatentums so weiterführen, erklärt Prof. Julius H. Schoeps, der Stiftungsvorstand wird. Die Person von Dr. Manfred Schoeps ist allerdings nicht unumstritten. Als „Zentralfigur“ im Berliner Bankenskandal bezeichnet ihn Wolfgang Wieland, Spitzenkandidat von Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg. Es sei nicht übertrieben zu sagen, dass Manfred Schoeps mit dazu beigetragen habe, dass Berlin nun Milliardenverluste aus dem Bankenskandal zu tragen hat. Prof. Julius H. Schoeps weist die Vorwürfe gegen seinen Bruder allerdings entschieden zurück. Es gäbe keinen Prozess, in dem dieser in irgendeiner Form verurteilt worden sei. Da die Satzung der Moses Mendelssohn Stiftung auch Bau und Betrieb von Studentenwohnheimen und Altenpflegeeinrichtungen vorsieht, stellt sich für Wieland die Frage, ob unter dem Namen Moses Mendelssohn Immobiliengeschäfte geplant sind. Gegen den Bau von jüdischen Altenheimen sei im Rahmen der Stiftung nichts einzuwenden. „Doch sollte in großem Stil ins Immobiliengeschäft eingestiegen werden, wäre das für die Stiftung sicherlich kritisch“. MMZ-Direktor Julius H. Schoeps sieht die Angelegenheit gelassen. Als Stiftung müsse man schließlich Geld verdienen, das dann wiederum für gemeinnützige Aufgaben ausgeschüttet wird. Private Verdienste seien dabei ausgeschlossen. So sollen Projekte und Stipendien finanziert werden. Vorgesehen sind zum Beispiel die Weiterführung der Untersuchungen zu den Integrationsproblemen russisch-jüdischer Zuwanderer, Studien zur Geschichte der Juden in Westfalen oder die Freilegung der Überreste der Halberstädter Barock-Synagoge. Und sogar die Gründung einer jüdischen Gemeinde in Halberstadt nennt Schoeps als mögliches Betätigungsfeld der Stiftung.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: