Landeshauptstadt: Sparwasser trifft Blochin
DDR-Legende und Pierre Littbarski zum WM-Talk am Brandenburger Tor / Umzug nach Potsdam?
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Am 22. Juni 1974 wurde Jürgen Sparwasser zur Legende, als er den Ball in der 78. Minute zum Sieg der DDR gegen die Bundesrepublik einnetzte. Vor einigen Tagen stand der inzwischen 58-Jährige gemeinsam mit Pelé auf der Bühne, heute wird er Gast einer Talkrunde am Brandenburger Tor sein. Nach dem Spiel Ukraine gegen Spanien steht er ab 17 Uhr gemeinsam mit Pierre Littbarski und Moderator Dirk Thiele auf der Bühne der 2000 Zuschauer fassenden Public Viewing Area in Potsdam. Der 58-Jährige plant zudem eine Autogrammstunde im Stern-Center (15 Uhr), den Besuch des ukrainischen Fanzentrums, ein Treffen mit Ukraines Trainer Oleg Blochin am Donnerstag sowie womöglich einen Umzug nach Potsdam.
Dass Sparwasser aus dem hessischen Bad Vilbel in die Landeshauptstadt oder nach Berlin umziehen will, meldete der Sport-Informationsdienst (sid) gestern. Als Grund dafür gilt sein Engagement bei der „Sportwelt Havelland – Fußballschule Sparwasser“ in Zeestow bei Brieselang. „Im September mache ich mit Unterstützung von Turbine Potsdam in Brieselang eine Fußballschule mit Internat, gepflegten Rasenplätzen und eine gut eingerichteten Halle für das Wintertraining auf.“, zitiert der sid den früheren Mittelfeldstar.
Dazu führte Sparwasser im vergangenen September den ersten Spatenstich durch, die Eröffnung des Sportzentrums sollte zu Beginn der Fußball-WM sein. Jedoch liegt auf dem Gelände nahe der Autobahnabfahrt Brieselang bis heute kein Stein auf dem anderen, hieß es gestern aus der Brieselanger Verwaltung. Nach Finanzierungsschwierigkeiten des 6,5 Millionen Euro teuren Sport- und Freizeitprojektes sei man inzwischen wieder voller Hoffnung, dass Sparwasser zu dem Vorhaben stehe und der Grundstein bald gelegt sein wird. Eine Eröffnung noch in diesem Jahr sei zu schaffen, hieß es. Dabei ist die Fußballschule das Kernstück der sechs Hektar großen Sportanlage. Daneben wird es noch einen Wellness- und Fitnessbereich sowie eine Wasserskianlage geben.
Der ehemalige DDR-Fußball-Auswahlspieler wird sich dazu heute Mittag mit Bernd Schröder, dem Trainer des deutschen Frauenfußball-Meisters und Pokalsiegers Turbine Potsdam, treffen. An der Schule in Zeestow sollen Mädchen und Jungen zwischen sechs und 14 Jahren neben ihrer schulischen auch ihre fußballerische Grundausbildung erhalten. Schröder sagte gestern auf Nachfrage, er wolle seinen Freund Sparwasser konzeptionell beim Aufbau der Sportschule unterstützen. Bereits Mädchen im Vorschulalter sollen kicken und damit eine Ausbildungslücke, die derzeit bestehe, schließen. „Was Gretchen nicht lernt, lernt Gretel nimmer“, so Schröder. Er spricht sich ebenso wie Sparwasser für eine stärkere Förderung ab dem Vorschulalter aus.
Rund um Potsdam gab es zuletzt mehrfach Überlegungen, Fußballschulen oder Themenparks für Fußball zu errichten. Derzeit versucht ein Konsortium, die ehemaligen Kasernen in Krampnitz zu einem Fußballthemenpark zu gestalten. Die Bemühungen, eine zentrale Ausbildungsstätte des Deutschen Fußball Bundes in Elstal aufzubauen, scheiterten nach dem WM-Erfolg der deutschen Mannschaft 2002. Der DFB entschied sich damals, das dezentrale Ausbildungssystem beizubehalten. Auch die Pläne für eine Fußball-Schule des früheren Bundesligaprofis und Weltpokalsiegers René Tretschok in Neu Fahrland wurden inzwischen ad acta gelegt.
Sparwasser, dessen Trikot von 1974 inzwischen im Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn hängt, reist heute aus seinem Geburtsort Halberstadt zu einem zweitägigen Besuch in Potsdam an. Der einstige Kicker des 1. FC Magdeburg (1974 Europapokalsieger der Pokalsieger) will sich morgen mit Oleg Blochin treffen. Beide waren Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1972 in München und standen sich am 10. September im Spiel um Platz 3 gegenüber: DDR und UdSSR trennten sich nach Verlängerung brüderlich 2:2, Elfmeterschießen gab es nicht – beide erhielten Bronzemedaillen. Die Russen gingen damals durch Blochin in Führung. Der heutige deutsche Gegner Polen gewann übrigens damals das olympische Turnier.
Bei der Fußball-WM zwei Jahre später in Deutschland trat die UdSSR nicht an, da sie zuvor aus politischen Gründen nicht zum Qualifikationsspiel nach Chile gereist war. Dafür sah Pierre Littbarski erstmals Sparwasser live – der heute 46-Jährige war beim Spiel zwischen der DDR und Chile (1:1) im Berliner Olympiastadion als Balljunge im Einsatz. jab
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