
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Spätes Höchstgebot
Grundstücksgeschäft der Stadt mit Semmelhaack bleibt dubios – Rathaus verweigert weitere Antworten
Stand:
Das jüngste Grundstücksgeschäft der Stadt Potsdam mit dem Immobilienunternehmen Semmelhaack im Ortsteil Golm wird immer dubioser: Das Rathaus erklärte am Montag trotz mehrmaliger Nachfrage nicht, auf welcher Grundlage der Zuschlag für die Grundstücke in der Karl-Liebknecht-Straße 1-11 für 2,855 Millionen Euro an Semmelhaack ging. Die Stadtverordneten hatten dem Verkauf wie berichtet in ihrer Sitzung am 28. September in nicht-öffentlicher Sitzung zugestimmt.
Während das Rathaus noch am vergangenen Freitag erklären ließ, das Nachgebot Semmelhaacks sei „nicht mehr berücksichtigt“ worden, war gestern nun die Rede von einem „Nachgebotsverfahren“, in dem Semmelhaack „der Höchstbieter“ gewesen sei und „demzufolge auch den Zuschlag erhalten“ habe. Auf dieses Verfahren habe Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) keinen Einfluss genommen; er habe lediglich die Vorlage aus formalen Gründen in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht.
Weitere Antworten auf Fragen wie um was für ein „Nachgebotsverfahren“ es sich gehandelt hat und auf welcher rechtlichen Grundlage es angestrengt wurde, verweigerte das Rathaus mit Verweis auf „nicht-öffentliche Befassung der Stadtverordnetenversammlung in vertraulichen Grundstücksangelegenheiten“. Noch am Freitag allerdings hatte die Verwaltung ebenfalls auf Anfrage die Details des „vertraulichen“ Grundstücksgeschäfts geschildert. Ebenso blieb gestern unbeantwortet, ob sich an dem „Nachgebotsverfahren“ auch andere Bieter – insbesondere jene des ursprünglichen Ausschreibungsverfahrens, das am 22. Oktober 2010 endete – beteiligen konnten sowie wo und mit welchen Fristen die Landeshauptstadt das „Nachgebotsverfahren“ bekannt gemacht hat.
Der Grundstücksverkauf an Semmelhaack unter ungeklärten Umständen hatte in der Stadtpolitik vor allem vor dem Hintergrund jüngster Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten bei der Privatisierung von Gewoba-Immobilien im Jahr 2000 für Unruhe gesorgt. Damals hatte die städtische Gewoba rund 1050 Wohnungen an das Unternehmen Semmelhaack veräußert. Dabei hatte die Gewoba unter anderem EU-Regeln zum Verkauf öffentlichen Vermögens, die allerdings keine Rechtskraft besitzen, missachtet.
Das aktuelle Grundstücksgeschäft der Stadt in Golm begann mit einer Ausschreibung der Grundstücke in der Karl-Liebknecht-Straße 1-11. Dort stehen DDR-Bauten aus den 1960er Jahren, die teilweise sanierungsbedürftig sind. Bei der Ausschreibung gab es nach Angaben des Rathauses sieben Bieter, Semmelhaack lag dabei mit einem Gebot von 2,5 Millionen Euro auf dem dritten Platz. Der Höchstbietende war ein norddeutscher Bauträger, der für 2,8 Millionen Euro den Zuschlag bekommen sollte. Am 22. Juni 2011, kurz vor der entscheidenden Sitzung der Stadtverordneten fünf Tage später, ging ein „Nachgebot“ eines Semmelhaack-Unternehmens bei der Stadt ein. Das Gebot lag bei 2,855 Millionen Euro. Davon muss der norddeutsche Bauträger erfahren haben, denn er stockte sein Gebot am 22. Juni ebenfalls noch einmal auf – auf 2 850 001 Euro. Das Stadtparlament entschied sich, den Angaben nach wegen der fortgeschrittenen Kaufverhandlungen, am 27. Juni 2011 für den Zuschlag an das Unternehmen aus Norddeutschland. Nur drei Monate später sollten die Stadtverordneten diesen Beschluss aber aufheben: Am 8. August sei der Käufer vom Kauf der Grundstücke in Golm zurückgetreten, erklärte die Verwaltung. Als Grund habe er neben Mehrkosten, die in der Zeit zwischen Ausschreibungsende und Stadtverordnetenbeschluss entstanden seien, auch die wegen des Gebots vom 22. Juni 2011 eingetretene „Kaufpreiserhöhung“ angegeben. Am 18. August soll Semmelhaack der Stadt mitgeteilt haben, dass er sein Gebot vom 22. Juni aufrechterhalte. Am 28. September dann schlug der Bereich Recht und Grundstücksmanagement der Verwaltung den Stadtverordneten den Verkauf der Golmer Grundstücke an Semmelhaack vor.
Ungeklärt ist, warum nicht der reguläre Ausschreibungs-Zweite, eine GmbH aus Potsdam, den Zuschlag bekam. Deren Erstgebot hätte zwar unter dem „Nachgebot“ von Semmelhaack gelegen, mit der Frist bis zum 22. Oktober 2010 hatte das Potsdamer Unternehmen aber mehr geboten. Sabine Schicketanz
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