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Landeshauptstadt: Spiel mit Symbolen

Linke Gruppe verteilte gestern Handzettel gegen „Thor Steinar“-Verkauf

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Innenstadt - Auf den ersten Blick sehen sie trendig, modisch und ein wenig frech aus: Die Klamotten der brandenburgischen Modemarke „Thor Steinar“. In der aktuellen Kollektion sind auf den T-Shirts Wortgruppen wie „Ostafrika // Expedition“ oder „Sölden – Ski heil“ aufgedruckt. Verfassungsfeindlich ist das nicht. Trotzdem warnt der Brandenburger Verfassungsschutz: Die Marke „Thor Steinar“ habe einen identitätsstiftenden Einfluss innerhalb der rechtsextremen Szene, so ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums gegenüber den PNN. Strafrechtlich relevant sei die Marke aber nicht. Doch dass „Thor Steinar“-Kleidung in der Potsdamer Innenstadt in „Olsens Fashion Store“ im Lindenhof verkauft wird, dagegen verteilte gestern eine kleine Gruppe Jugendlicher von der „Antifaschistischen Linke Potsdam“ Handzettel und Infomaterial.

Das Modelabel wird seit 2003 von der Firma Media Tex aus Königs Wusterhausen vertrieben. „Diese Marke verwendet zu viele Bezüge zum Dritten Reich, als dass dies Zufall sein könnte – und spricht damit ausdrücklich die rechte Szene an“, sagte einer der Jugendlichen, die die Flyer verteilten. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen.In Potsdam gäbe es noch weitere Läden mit „Thor Steinar“ im Sortiment: Im Weberpark, zudem in der Karl-Liebknecht-Straße.

Der Inhaber von „Olsens Fashion Store“, Steffen Rieke, kann die Aufregung nicht verstehen. „Ob jemand rechtsextrem ist, lässt sich doch nicht an seinen Klamotten fest machen“, sagt Rieke. Er hält die Diskussion um die Marke übertrieben: Sie sei schick und modern, zudem verkaufe sie sich gut. „Natürlich werden auf den Shirts Runen benutzt, doch es kann doch nicht sein, dass da gleich wieder ein Zusammenhang mit Rechtsextremismus hergestellt wird.“ Erst dadurch sei die Marke so bekannt geworden, so Rieke.

Solchen Argumentationen widersprechen Rechtsextremismusexperten wie Thomas Weidlich vom Potsdamer Regionalbüro des Mobilen Beratungsteams Brandenburg. „Im Gegensatz zum klassischen Skinheadlook mit Springerstiefeln und Bomberjacke sind Marken wie Thor Steinar der Versuch, rechtsextreme Inhalte unauffällig in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren“, sagt Weidlich. Die Motive seien dabei bewusst doppeldeutig gewählt, um einem weiteren möglichen Verbotsverfahren zu entgehen. Denn zwischen 2004 und 2005 war das frühere Logo der Marke in Brandenburg nicht erlaubt, in Berlin ist es dies jetzt noch: In der Schrägsicht zeigte es unter anderem die Doppel-Sigrune der Waffen-SS. Weidlich erklärt beispielhaft ein weiteres Symbolspiel: „Wer ein T-Shirt mit der Aufschrift “Ultima Thule“ kauft, lässt damit die Assoziation zum Namen des mythischen Herkunftsorts der arischen Rasse zu.“

Rieke widerspricht: Erst solche Interpretationen schaffe die entsprechende Kundschaft. Zudem verkaufe er nicht nur „Thor Steinar“ in seinem Laden, es sei eine Marke unter vielen – genau wie in anderen Läden in Brandenburg. Mehr als ein Jahr lang hätte sich darüber niemand aufgeregt: „Warum gerade jetzt?“ Diese Frage kann der Handzettel verteilende Jugendliche nicht genau beantworten. Es sei eben an der Zeit gewesen. Dennoch: Unterstützung fand die linke Gruppe bei den Stadtpolitikern Hans-Jürgen Scharfenberg (Linkspartei.PDS) und Mike Schubert (SPD). Öffentliche Aufklärung über den Symbolik bei „Thor Steinar“ sei nötig, erklärten beide auf PNN-Nachfrage. „Ich würde die Marke aus meinem Sortiment nehmen“, sagte Schubert, selbst ein gelernter Einzelhändler. Henri Kramer

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