Landeshauptstadt: Spielen für nichts
Wer profitiert von der „Fête de la Musique“?
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Alle fünfzehn Meter eine blaue Europalette für spontane musikalische Gigs – die Brandenburger Straße ist präpariert zur Fête de la Musique. Etwas mehr Komfort bietet die „Open Stage“ mit Wohnzimmerflair auf der Kreuzung Dortustraße. „Alle Rampensäue“ sind eingeladen, sich hier auszutoben, heißt es vom Veranstalter. Denn weitaus mehr Bands als Locations haben sich für die Fête beworben. Die Verteilung an die beteiligten 24 Kneipen oder Cafés übernimmt der Verein Kulturtänzer, der das Event organisiert, „damit das vom Profil her zusammenpasst“, so Vereinsmitglied Marie Frevert.
Die Stadt hat für die Fête de la Musique in diesem Jahr 5000 Euro zugeschossen, fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Das Geld werde benötigt für Technikausrüstung, Bühnen, Toiletten, Werbung, so Frevert. Allerdings gibt es auch Einnahmen: Jeder Wirt, der unter der Dachmarke „Fête“ ins Programm aufgenommen wird, zahlt an den Verein 75 Euro.
Dafür klingelt es dann meist ordentlich in deren Kasse. Bei freiem Eintritt sind am Donnerstagabend wie erwartet die Kneipen, Cafés und Bürgersteige voll. Oft sind zusätzlich Grill und Bierwagen aufgebaut. Weil die Party diesmal auf einen Donnerstag fällt, endet der Spaß um 22 Uhr, aber bis dahin sind ganze Familien unterwegs. Das entspricht in etwa der ursprünglichen Idee, die den Erfindern der Fête vorschwebte. Die Leute wieder für handgemachte Musik zu begeistern, sie dabei zusammenzubringen.
Wer freilich von professioneller handgemachter Musik seinen Lebensunterhalt verdienen muss, kann das an so einem Abend nicht. Die Situation für Musiker habe sich kontinuierlich verschlechtert, sagen die Jungs von der Potsdamer Metal-Rockband „Dreadnought“. Sie gehören zu den Bands im Programm, die normalerweise nur für Bares spielen. Die Mugge im Pub à la Pub betrachten sie als Promotion. „Wir können hier T-Shirts und CDs verkaufen, das ist schon okay“, finden sie. Um ihr „teures Hobby“ zu finanzieren, treten sie auch auf Hochzeiten oder Bikerfesten auf, „dann kommen wir in Anzügen und spielen, was die eben wollen“.
Die drei Berliner „The Incredible Herrengedeck“ spielen im Café Rothenburg. Was ihre Agentur unter normalen Umständen an Gage aushandelt, wollen sie nicht verraten. „Uns ist wichtig, dass wir überhaupt spielen“, sagt Robert Rating. Leider sei es heute oft so, dass man sich als Musiker jahrelang selbst ausbeuten müsse, bevor man überhaupt etwas verdiene. „Man muss dafür brennen“, sagt Robert Rating vom „Herrengedeck“. Mindestens eine Band konnte sich nicht mit den Bedingungen „umsonst und draußen“ plus freies Catering anfreunden. „Wir bekommen heute definitiv eine feste Gage“, bestätigt ein Bandmitglied, das anonym bleiben will – und bestätigt damit die Vermutung eines Wirts, dass unter der Hand Gelder flössen. „Es ist eine ganz schlechte Idee, für nichts zu spielen“, sagt der Musiker, „für die Gastronomen ist das ein Riesengeschäft!“ Steffi Pyanoe
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