
© Andreas Klaer
Korruptionsverdacht in Potsdam: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Leiter der Potsdamer Wirtschaftsförderung
Verdacht der Vorteilsnahme: Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt gegen Stefan Frerichs, Chef der Wirtschaftsförderung im Potsdamer Rathaus. Er soll einen Auftrag an ein Unternehmen vergeben haben, bei dem er selbst einmal tätig war.
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Potsdam - Nach einer Strafanzeige aus dem vergangenen Jahr wird gegen den Leiter der Potsdamer Wirtschaftsförderung, Stefan Frerichs, offiziell wegen des Verdachts der Vorteilsnahme ermittelt. Das bestätigte ein Sprecher der auf Korruptionsdelikte spezialisierten Staatsanwaltschaft Neuruppin auf Anfrage. „Wir ermitteln wegen des Verdachts der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit Vergaben“, so der Sprecher. Einbezogen ist auch das Landeskriminalamt in Eberswalde. Zu Details der Vorwürfe äußerte er sich nicht.
Rechnungsprüfungsamt wies auf mögliche Befangenheit hin
Angezeigt wurde Frerichs offenbar von einem Insider. In einer den PNN vorliegenden Anzeige heißt es, der jetzt 53-Jährige habe 2011 bei einer Vergabe vorschriftswidrig einen Auftrag an jenes Unternehmen vergeben, bei dem er selbst vor seiner Tätigkeit bei der Stadt Potsdam als Büroleiter tätig war. Das soll er getan haben, „obwohl nach erfolgter sachgerechter Bewertung der Angebote der Zuschlag an andere Bieter hätte erfolgen müssen und das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Herrn Frerichs ausdrücklich auf seine mögliche Befangenheit“ hingewiesen haben soll, heißt es in der Anzeige weiter.
Frerichs, der 1998 im Zuge der Vorbereitung der Bundesgartenschau nach Potsdam kam, war von 2002 bis 2007 bei einer Freizeit- und Tourismusberatung in der Landeshauptstadt tätig, bevor er zur Wirtschaftsförderung kam. Bei dem Auftrag handelte es sich um die 2011 erfolgte Fortschreibung eines Konzepts für den Wassertourismus, die sein früherer Arbeitgeber im Auftrag der Stadt erarbeitete.
Ursprünglich war Stillschweigen vereinbart worden
Nach PNN-Informationen hat die Staatsanwaltschaft auf Grundlage der Anzeige langwierige Vorermittlungen durchgeführt, die nun in ein offizielles Verfahren mündeten. Stadtsprecher Stefan Schulz bestätigte den PNN, man sei bereits seit Mai 2015 über Vorermittlungen informiert und gebeten worden, entsprechende Vorgänge an die Staatsanwaltschaft zu senden. „Das haben wir getan“, sagte er. Welche Vorwürfe genau erhoben werden, sei der Stadt nicht bekannt, so Schulz. Informierte Kreise wussten seit Längerem vom Verdacht gegen Frerichs. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, war Stillschweigen vereinbart worden.
Frerichs ließ mitteilen, er weise ein Fehlverhalten bei öffentlichen Vergaben zurück. Die Vorwürfe und Unterstellungen seien haltlos. Er stehe zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts bereit. Juristisch vertreten wird Frerichs bemerkenswerterweise von der Kanzlei des Anwalts Götz Friederich – der nebenbei CDU- Stadtverordneter und Vorsitzender des Potsdamer Wirtschaftsrats ist, in dessen Vorstand auch Frerichs sitzt.
Nicht der erste Korruptionsverdacht im Potsdamer Rathaus
Es ist nicht der erste Korruptionsverdacht im Rathaus. Am Amtsgericht liegt die Anklage gegen einen Fachbereichsleiter aus dem Baudezernat wegen Vorteilsnahme. Der 62-Jährige soll im August 2008 auf Einladung eines Bauplanungsbüros an einem Segeltörn teilgenommen haben. Das Unternehmen war an der Sanierung der Nuthestraße beteiligt, für die der Mann als Chef des Tiefbauamtes zuständig war. Er blieb trotz Anklageerhebung im Amt, ebenso wie Frerichs. Dagegen ist eine Sachbearbeiterin des Fachbereichs Soziales inzwischen nicht mehr im Dienst, seit im Frühjahr Ermittlungen gegen sie wegen des Verdachts der Vorteilsannahme aufgenommen wurden. Sie soll Wohnberechtigungsscheine an Flüchtlinge gegen Geld ausgestellt haben.
Die unterschiedliche Praxis bei der Freistellung von Mitarbeitern bei Korruptionsverdacht begründete Schulz mit dem Hergang zu Beginn der Verfahren. Im Unterschied zum Fall Frerichs und zu dem Fall im Baudezernat habe die Stadt bei der Sachbearbeiterin selbst Anzeige erstattet, nachdem ein Anfangsverdacht durch eine Aussage beim Ombudsmann gegen Korruption bestanden habe. Weiter wollte sich die Stadt dazu nicht äußern. Jährlich gehen im Rathaus etwa zehn bis 15 Hinweise auf Korruption ein.
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