Links und rechts der Langen Brücke: Stadt der „Uferkriege“
Sabine Schicketanz stellt die Frage, warum ausgerechnet in Potsdam mittlerweile schon zweifach um öffentliche Ufer gerungen wird
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Potsdam – Hauptstadt der umkämpften Ufer: Nach dem Weg am Griebnitzsee ist jetzt auch der ehemalige Kolonnenweg der DDR-Grenzer am Groß Glienicker See gesperrt. Am Dienstag vor Ostern hatten Anrainer Zäune errichtet, mittlerweile sind Hecken gepflanzt, Erdwälle aufgeschüttet, der Asphalt des Mauerwegs herausgerissen. Wie vor einem Jahr am Griebnitzsee, als dort der Uferweg gesperrt wurde, kochen jetzt in Groß Glienicke die Emotionen hoch, auf beiden Seiten.
Doch warum wird eigentlich immer in Potsdam um öffentliche Ufer gerungen, so dass Zeitungen schon von „Uferkriegen“ sprechen und verhärtete Fronten attestieren? Die Suche nach Antworten ist auch eine Suche nach Verantwortlichkeiten. Die Ausgangslage ist ähnlich – in Babelsberg, in Groß Glienicke, und anderswo in Deutschland, wo einst die innerdeutsche Grenze verlief. Ein Gewässer und ein Uferweg, der seinen Ursprung in der Teilung des Landes hat, dessen heutige Existenz gleichsam ein Symbol ist für die Überwindung der Trennung.
In Potsdam aber ist es zweifach nicht gelungen, diese Wege offiziell zu legitimieren. Das hat mit Nachlässigkeit der Verwaltung zu tun, aber auch mit einer Rechtsauffassung, die vielleicht aus der Nachwende-Zeit herrührt, jedoch lange überholt ist: Für die Bedeutung des Privateigentums an den Orten, die so lange in der Hand der DDR-Führung waren, hatten die Verantwortlichen offenbar keinen Blick.
Jahrelang wurde an beiden Ufer nichts getan, um eine nötige, selbstverständliche und rechtssichere Situation zu schaffen. Für den Griebnitzsee wurde kein Bebauungsplan erarbeitet, in Groß Glienicke wurde er fast zehn Jahre lang nicht umgesetzt. Dass der Wert des Privateigentums an den Ufern von der Stadt nicht angemessen eingeschätzt worden ist, bestätigte im Fall Griebnitzsee sogar das Oberverwaltungsgericht. Und ob Griebnitzsee oder Groß Glienicker See, die Klagen der sperrenden Anrainer über eine abgehoben und arrogant agierende Verwaltung gleichen sich. Eine Begründung für die Sperren ist dies nicht – sofern es überhaupt eine geben kann – wohl aber eine der Ursachen für die eskalierte Lage.
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