
© Andreas Klaer (3)/Thilo Rückeis
Eheschließungen: Stadt für Ja-Sager
Zum Heiraten nach Potsdam: Im vergangenen Jahr wurden 870 Ehen geschlossen. Viele Brautleute kamen von außerhalb, einige sogar extra aus London oder der Schweiz.
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Potsdam - Der älteste Bräutigam war 86 Jahre alt, die jüngste Braut kam nur einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag ins Standesamt: Insgesamt 870 Paare haben sich 2012 in Potsdam das Ja-Wort gegeben, weitere 23 gleichgeschlechtliche Paare eine Lebenspartnerschaft geschlossen. Das berichtete Ulrike Wildner, die Leiterin des Standesamtes, am Freitag bei der Jahresbilanz. Heiraten in Potsdam sei damit unverändert nachgefragt: Die Zahl der Hochzeiten lag in den vergangenen Jahren stets zwischen 850 und 950.
Auch bei Nicht-Potsdamern ist die Havelstadt für den großen Tag enorm beliebt: Rund 40 Prozent der im Standesamt getrauten Paare wohnen nicht hier. Die Brautleute kommen dabei sowohl aus dem Umland als auch aus Berlin, dem gesamten Bundesgebiet und sogar aus dem Ausland. So seien etwa schon Paare aus London oder der Schweiz für das Ja-Wort nach Potsdam gekommen – meist handele es sich dann aber um ausgewanderte Potsdamer, räumt Wildner ein.
Wer den Partner fürs Leben gefunden hat, hat bei der Trauungszeremonie noch einmal die Wahl: Denn die insgesamt zehn Standesamts-Mitarbeiterinnen – ein in Potsdam schon seit Jahren weiblicher Beruf – führen die Trauung nicht nur im Stadthaus durch, wo das frühere Gartenzimmer des Regierungspräsidenten das entsprechende Ambiente bietet. Im Angebot sind auch Trauungen im Schloss Kartzow, im Herrenhaus des Kronguts Bornstedt, in der Kirche auf dem Neuendorfer Anger sowie im Maurischen Kabinett des Belvederes auf dem Pfingstberg – dafür wird allerdings ein Aufpreis zwischen 120 Euro – Krongut – und 400 Euro – Belvedere – fällig. Das Schloss mit Ausblick auf dem Pfingstberg sei vor allem bei Berliner Paaren beliebt, sagt die Standesamtschefin. Mehr Platz bietet allerdings die Kirche am Neuendorfer Anger, die nach der Sanierung nicht als Gotteshaus genutzt wird: Bis zu 110 Gäste können die Trauung dort miterleben.
Bei der Gestaltung der Zeremonie sind angehende Eheleute oder Lebenspartner in Potsdam zunehmend erfinderisch: Die Braut ganz in weiß und mit einem Schleier ist da eher die Ausnahme. Am beliebtesten sind laut Wildner crémefarbene Hochzeitskleider, auch Jeans kommen vor. 2012 hat ein Paar sogar ganz in schwarz geheiratet – und ein weiteres in Fahrrad-Montur. Dabei sei die komplette Hochzeitsgesellschaft per Rad angereist. In der Kirche im Neuendorfer Anger hat sich ein Paar die Eheringe von einem Falken einfliegen lassen. Und manchmal gibt es auch gar keine Ringe: Dann werden etwa Amulette oder Armbänder getauscht.
Auch bei der Musik zum Ja-Wort ist der Hochzeitsmarsch längst nicht mehr der Renner: „Die Wünsche bewegen sich von Mozart bis Rammstein“, erzählt Ulrike Wildner, die in ihren zehn Jahren als Standesamtsmitarbeiterin beinahe 900 Paare getraut hat. Selbst Walgesänge oder Nationalhymnen seien bei Trauungen schon gespielt worden.
Für den Wunschtermin sollten sich Heiratswillige sechs Monate vorher im Standesamt melden – dann nämlich beginnt die Terminvergabe. Am beliebtesten sind Freitage und Samstage in den Sommermonaten. „Unsere Saison geht von Mai bis September“, sagt Ulrike Wildner. An Verwaltungsgebühren werden für eine Hochzeit samt Eheurkunde mindestens 80 Euro fällig – teurer wird es bei Partnern verschiedener Nationalität oder bei Trauungen außerhalb der Öffnungszeiten. An Sonn- und Feiertagen kann nicht geheiratet werden.
Eine Braut, die sich dann doch nicht traut, hat Ulrike Wildner bisher noch nicht erlebt. Allerdings werden in Potsdam etwa 30 bis 40 Hochzeiten pro Jahr im Vorfeld wieder abgesagt – nicht nur wegen Zerwürfnissen, sondern beispielsweise auch wegen Trauerfällen in der Familie. Unvergesslich ist Wildner eine Trauung, bei der sie gemeinsam mit der Hochzeitsgesellschaft anderthalb Stunden auf die wegen Kleiderkomplikationen verspätete Braut wartete. Vereinzelt gebe es auch Bräute, die mit dem „Ja“ zögerten. Eine brisante Situation, auch für die Standesamtschefin: „Da kommen einem wenige Sekunden vor wie Stunden.“
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