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Von Sabine Schicketanz: Stadt muss Paga bis 2011 auflösen

Jakobs: Schwarz-Gelb lässt Potsdamer Modell keine Chance / Stadt-Minus wächst auf 24 Millionen Euro

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Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger in Potsdam müssen sich auf gravierende Veränderungen vorbereiten: Die Landeshauptstadt muss ihre „Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitsuchende“, kurz Paga, bis spätestens Anfang 2011 abschaffen. Das sagte gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) vor den Stadtverordneten.

Der Grund: Die neue schwarz-gelbe Bundesregierung werde sich nicht dafür einsetzen, die bundesweit 354 Arbeitsgemeinschaften weiterzuführen, so Jakobs. Dafür wäre eine Gesetzesänderung nötig, denn das Bundesverwaltungsgericht hatte sogenannte „Mischverwaltungen“ zwischen Bund und Kommunen verboten. Bei der Potsdamer Paga arbeiten aber Arbeitsagentur- und Stadtangestellte zusammen. 133 stammen aus der dem Bund unterstellten Arbeitsagentur und 43 aus dem früheren Sozialamt. Gegründet worden war die Paga im Dezember 2004 im Zuge der Hartz-IV-Reformen. Ende 2010 läuft der Paga-Vertrag aus. „Dann müssen wir alles vom Kopf auf die Füße stellen“, so Jakobs. Dies bedeute „große Nachteile“ für die Betroffenen und eine „ganz große organisatorische Herausforderung“ für die Stadt.

Aktuell betreut die Paga 4632 der 6562 arbeitslosen Potsdamer. Gleichzeitig ist die Behörde unter ihrem Chef Frank Thomann nach vorläufigen Zahlen in diesem Monat für 9203 sogenannte Bedarfsgemeinschaften zuständig, die einen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen besitzen. Wie die Betroffenen künftig betreut werden, scheint völlig offen. Nicht ausgeschlossen ist, dass die alten Zuständigkeiten wieder hergestellt werden: Sozialleistungen müssen beim Sozialamt beantragt werden, die Arbeitsvermittlung übernimmt die Arbeitsagentur.

Gleicherzeitig befürchtet die Stadt Potsdam ein Millionen-Loch im Haushalt, verursacht auch durch steigende Kosten für Sozialleistungen. Mit 3,3 Millionen Euro rechne er derzeit, sagte Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) gestern den Stadtverordneten. Er kritisierte, dass der Bund sich immer weniger an den sogenannten „Kosten der Unterkunft“, also den Mietzahlungen für Hartz-IV-Empfänger, beteilige. Stadtverordneter Peter Schultheiß (CDU) warnte ihn davor, dies der schwarz-gelben Bundesregierung „in die Schuhe zu schieben“: Das scheidende schwarz-rote Bundeskabinett habe aktuell am Tage beschlossen, die Bundes-Beteiligung bei den Unterkunftskosten von 26,6 auf 23 Prozent zu kürzen. Den Rest müssen die Kommunen zahlen.

Dies dürfte den Potsdamer Haushalt weiter belasten. Für 2010 rechnet beigeordneter Exner bereits mit einem Gesamt-Minus von 24 Millionen Euro, allein 13,4 Millionen Euro weniger Steuern werde die Stadt einnehmen. Abzuwarten bliebe, ob das Land Brandenburg angesichts der drohenden Haushaltsnotlage seine Zuschüsse an die Kommunen auch senke. Zusätzliche Gefahr sieht Exner durch mögliche Steuererleichterungen und Kürzungspläne der neuen Bundesregierung. Jakobs sagte, der Potsdamer Haushalt 2010 werde „viel Kreativität und Fingerspitzengefühl“ erfordern. Ende Januar soll der Entwurf den Stadtverordenten vorgestellt werden. (mit HK)

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