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Domizil für Flüchtlinge. In diesem Gebäude auf Hermannswerder will die Stadt demnächst Flüchtlinge unterbringen. Momentan dient der Bau als Museumsdepot.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Stadt stellt zwei neue Flüchtlingsquartiere bereit

Die Stadtverwaltung will weitere 200 Asylsuchende in Groß Glienicke und auf Hermannswerder unterbringen

Von Peer Straube

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Auf der Suche nach Unterkünften für den stetig wachsenden Zustrom von Flüchtlingen will die Stadtverwaltung nach dem Lerchensteig kurzfristig zwei weitere Standorte zur Verfügung stellen. So könnten in einem leer stehenden Trakt der ehemaligen Waldschule in Groß Glienicke bis zum Frühjahr 2015 knapp 100 Plätze geschaffen werden, sagte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am Mittwoch vor Journalisten. Weitere 100 Plätze sollen ebenfalls bis zum Frühjahr in einem Gebäude in der Tornowstraße auf der Halbinsel Hermannswerder entstehen, das bislang vom Potsdam Museum als Lager genutzt wird. Beide Objekte könnten für grob geschätzt je 600 000 Euro so umgebaut werden, dass sie Flüchtlingen als Gemeinschaftsunterkünfte dienen können, so Müller-Preinesberger. Hinzu kommen wie berichtet Unterkünfte für bis zu 160 Flüchtlinge, die die Arbeiterwohlfahrt neben dem Obdachlosenheim im Lerchensteig aus Fertigteilen errichten würde. Auch diese sollen im Frühjahr 2015 zur Verfügung stehen. Im Hauptausschuss gab es am Mittwochabend breite Unterstützung für die Pläne der Verwaltung.

Doch selbst diese insgesamt 360 neuen Plätze reichen nicht. Wegen der weltweiten Krisenherde steigt die Zahl von Flüchtlingen deutschlandweit. 5,9 Prozent der dem Land Brandenburg zugeteilten Asylsuchenden muss Potsdam aufnehmen, für 2015 geht die Stadt von bis zu 450 Flüchtlingen aus. Hinzu kommen weitere bis zu 230 Flüchtlinge, die die Stadt eigentlich schon im letzten und in diesem Jahr hätte aufnehmen müssen, für die sie aber bislang keine Unterkunft gefunden hat. Weitere 20 Flüchtlinge muss Potsdam zurücknehmen, die die Stadt Frankfurt (Oder) hilfsweise aufgenommen hatte. Insgesamt, so Müller-Preinesberger, müsste Potsdam 2015 Plätze für bis zu 700 Flüchtlinge schaffen.

Etwas gelindert wird die Lage, weil neben den kurzfristig geplanten Unterkünften auch längerfristige fertig werden: So stehen ab dem Frühjahr 2015 insgesamt 45 Plätze in einem neuen Wohnprojekt zur Verfügung, das die kommunale Pro Potsdam derzeit in der Grotrianstraße am Stern errichtet. Die Flüchtlinge sollen dort als ganz normale Nachbarn von Potsdamern leben. Ähnliche Einrichtungen gibt es bereits in der Haeckelstraße in Potsdam-West und im Staudenhof. Zudem hofft die Stadt weiterhin, dass auch das geplante Flüchtlingsquartier mit 100 Plätzen in einem Gewerbegebiet am Horstweg errichtet werden kann. Das Vorhaben steht wie berichtet auf der Kippe, weil nach einem kürzlich ergangenen Urteil aus Stuttgart Flüchtlingsheime nicht in Gewerbegebieten untergebracht werden dürfen. Ob das Urteil auch auf die Situation in Potsdam angewendet werden kann, wird derzeit geprüft.

Doch selbst wenn die Prüfung positiv ausfällt, fehlen der Stadt im besten Fall auch im kommenden Jahr rund 65 Plätze. Bereits jetzt werde daher nach weiteren Standorten gesucht, sagte Müller-Preinesberger. Die Stadt setze dabei auch künftig auf die Schaffung weiterer Wohnprojekte. Infrage kämen dafür zum Beispiel die Heidesiedlung am Findling und die Wohnhäuser in der Behlertstraße. Beide hat die Pro Potsdam im Zuge von Restitutionsprozessen zugesprochen bekommen. Das Unternehmen soll diese Wohnungen nach dem Willen der Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und BVB/Freien Wählern sozialverträglich sanieren. Ein weiteres Projekt dieser Art könnte die Pro Potsdam auf dem früheren Tramdepot in der Heinrich-Mann-Allee als Neubau errichten. Auf dem Areal plant die Gesellschaft ohnehin den Neubau von rund 400 Wohnungen. Bevor es soweit ist, muss allerdings ein Bebauungsplan für das Gebiet aufgestellt werden.

Darüber hinaus hat die Stadtverwaltung drei weitere Standorte im Auge, die für den Neubau von Flüchtlingsquartieren infrage kommen. Geprüft werden soll laut Müller-Preinesberger etwa ein Grundstück im Laplacering am Stern, auf dem sich jetzt noch Garagen befinden. Das Areal gehöre der Stadt, für die Garagen gebe es keine von den Stadtverordneten beschlossene Bestandsgarantie. Bei einer Abwägung zähle die Unterbringung von Menschen mehr als die von Autos, sagte die Dezernentin.

Auch am Golmer Reiherweg gebe es ein Grundstück, das grundsätzlich für den Neubau von Flüchtlingsunterkünften geeignet sei, gleiches gelte für ein Areal neben der Wasserschutzpolizei in der Straße An der Pirschheide. Allerdings gebe es bei allen Grundstücken auch Risiken. So sei unklar, wann dort gebaut werden könne, auch die Finanzierung sei offen, so Müller-Preinesberger.

Die Dezernentin erklärte erneut, das Rathaus werde alles daran setzen, eine Unterbringung der Flüchtlinge in Notquartieren, etwa in Turnhallen, zu vermeiden. Nicht nur der Schul- und Vereinssport hätte dann zu leiden, sondern vor allem die Flüchtlinge. Diese hätten dann überhaupt keine Privatsphäre mehr. Die Stadt werde trotz der fehlenden Kapazitäten nicht von ihrer Strategie abweichen, jedem Flüchtling mindestens acht Quadratmeter zur Verfügung zu stellen und damit zwei mehr als vom Land gefordert. Auch bei der Betreuung sei man besser, als das Land verlange: In Potsdam gebe es für 80 Asylsuchende einen Sozialarbeiter statt einen für 120. Diesen Schlüssel werde man beibehalten, so die Dezernentin. Zudem werde das Rathaus an allen Standorten von Flüchtlingsunterkünften Gemeinschaftsprojekte mit den Nachbarn organisieren, um Vorurteile abzubauen. Niemand solle sich isoliert fühlen, sagte Müller-Preinesberger.

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