
© Kaiserliche Matrosenstation Kongsnaes
Matrosenstation: Stadtparlament entscheidet Kongsnaes-Konflikt
CDU, FDP und Grüne halten an Bebauungsplan-Beschluss fest – damit wären Pläne des Investors Linckersdorff zunächst gestoppt.
Stand:
Berliner Vorstadt - Im seit Monaten erbittert geführten Konflikt um die zum Welterbe gehörende Matrosenstation Kongsnaes vis á vis der Glienicker Brücke will die Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch endgültig Farbe bekennen: Bekräftigt das Stadtparlament sein Votum für einen Bebauungsplan für das Ufer-Areal, wäre das Vorhaben von Investor Michael Linckersdorff zunächst gestoppt. Die Stadt könnte dann die von Linckersdorff beantragten Baugenehmigungen für den Wiederaufbau der Ventehalle als Restaurant mit 122 Plätzen, den Neubau eines Funktionsgebäudes und für eine Hafenanlage nicht erteilen.
Gegen die Pläne gibt es vehementen Protest der Anwohner; sie werfen Linckersdorff vor, das Welterbe zu kommerzialisieren und damit zu gefährden. Der Investor weist dies zurück. Das Gegenteil sei der Fall: Er vervollständige das Welterbe wieder.
Bereits vor einem Monat hatte das Stadtparlament mit knapper Mehrheit von 18 zu 17 Stimmen für einen Bebauungsplan votiert. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte zwei Wochen später den Beschluss beanstandet. Seine Begründung: Das Votum für den Bebauungsplan sei rechtswidrig, weil die Stadtverordneten damit gleichzeitig entschieden hätten, dass die Baugenehmigungen an Linckersdorff nicht erteilt werden sollen. Auf diese habe der Investor aber einen gesetzlichen Anspruch.
FDP, CDU und Grüne im Stadtparlament halten allerdings an ihrer Forderung, einen Bebauungsplan für das Areal an der Schwanenallee aufzustellen, fest. Die Liberalen haben ihren Antrag überarbeitet und machen jetzt darin ganz klare Vorgaben für die Nutzung der Ventehalle und die Hafenanlage: Statt wie derzeit geplant 122 Plätze soll das Restaurant in der Halle dann nur maximal 50 Plätze haben dürfen. Eine museale Nutzung soll erlaubt, eine gewerbliche nicht zulässig sein. Verhindern will die FDP auch, dass an den zwei geplanten Stegen Schiffe der gewerblichen Personenschifffahrt anlegen dürfen. Die Hafenanlage soll nur noch 50 Meter lang sein und maximal zehn Bootsliegeplätze haben. Linckersdorff plant derzeit einen 32 Meter langen Steg für „Fahrgastschiffe, Charterboote und die Miniaturfregatte ,Royal Louise’“ sowie 30 Liegeplätze für Boote im Hafenrund; 20 davon soll ein gewerblicher Anbieter historischer Segelboote nutzen. Die Grünen und die CDU setzen sich außerdem für eine Veränderungssperre ein, die zunächst bis zu zwei Jahre gelten kann. Die CDU-Kreisvorsitzende Katherina Reiche sagte, nach wie vor könnten „Zweifel an einer möglichen Überdimensionierung“ des Vorhabens von Linckersdorff nicht ausgeräumt werden. Nur ein Bebauungsplan könne die Vorhaben transparent machen. Einen entsprechenden Beschluss habe die CDU-Fraktion gefasst. Auch, so Fraktionschef Michael Schröder, um die „bislang fehlenden“ Verkehrs- und Lärmkonzepte zu sichern. Schröder sieht das Stadtparlament in einer Zwickmühle, die durch Verschulden der Verwaltung eingetreten sei: „Wir als Stadtverordnete sollen jetzt entscheiden, ob bei einem Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan der Investor Schadensersatz gegenüber der Stadt geltend macht – oder ob bei Erteilung einer Baugenehmigung ohne Bebauungsplan Anwohner Schadenersatz fordern.“ Aber dafür, so Schröder, „geben wir uns nicht her“. Ursache sei, dass die Stadt mit Linckersdorff einen Kaufvertrag gemacht habe, der ihn verpflichte, die Ventehalle aufzubauen, gleichzeitig aber nicht das erforderliche Baurecht geschaffen habe.
Die SPD-Fraktion positioniert sich nicht für oder gegen Bebauungsplan. Sie wolle, dass die Stadt einen externen Baurechtsexperten mit einem Gutachten beauftrage, damit die Stadtverordneten auf Grundlage unabhängiger Einschätzungen entscheiden können.
Entscheidungshilfen zu geben versuchen auch die Konfliktparteien: Investor Linckersdorff verschickte eine mehrseitige „Argumentationshilfe“ an die Stadtverordneten. Außerdem informierte Linckersdorff über einen Ortstermin mit dem Präsidenten der deutschen Unesco-Kommission, Walter Hirche, am 19. September an der Schwanenallee. Anwesend gewesen seien auch Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) und Denkmalpfleger Jörg Limberg. Hirche hatte Ende August von der Stadt Auskünfte über die geplante Bebauung verlangt und „mögliche Beeinträchtigungen“ durch „unproportionale Baulichkeiten an Land oder großdimensionierte Steganlagen“ befürchtet. Nunmehr schätze Hirche die Sorge um das Welterbe als unbegründet ein, so Linckersdorff. Hirche selbst hatte keine Stellungnahme versendet.
Das Potsdamer Verwaltungsgericht hatte Anfang des Jahres nach Klage der Anwohner gegen die bereits erteilten Baugenehmigungen diese in einem „Hinweis-Beschluss“ für eindeutig rechtswidrig erklärt; die Stadt zog sie zurück und übernahm die Verantwortung. Für den Berliner Verwaltungsrechtler Reiner Geulen, der die Anwohner vertritt, belegen auch die neu gestellten Bauanträge des Investors, dass dieser eine Großgastronomie plane. Sollte die Stadt dies genehmigen, würden die Anwohner bei Gericht einen Antrag auf Baustopp stellen. Überdies bestehe eine „Planungspflicht“ für das Areal; ohne Bebauungsplan gehe nichts, so Geulen. Der Jurist wertet überdies die Beanstandung des jüngsten Stadtverordnetenbeschlusses durch den Oberbürgermeister als „rechtswidrig“. Jakobs habe „keinen ernsthaften Grund“ dafür genannt.
In einem allerdings sind sich die Parteien und auch die Anwohner einig: Niemand wolle einen Wiederaufbau der Ventehalle verhindern.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: