Von Sabine Schicketanz: Stadtverordnete vor Stasi-Check
Heute Antrag auf erneute Überprüfung / Umgang mit möglichen Fällen weniger offensiv als im Land
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Potsdams Stadtverordnete wollen heute ihre Überprüfung auf mögliche Stasi-Verstrickungen beschließen. Die deutliche Mehrheit für den von Bündnis 90/Die Grünen initiierten und mit den Rathaus-Kooperationspartnern FDP/Familienpartei, SPD und CDU/ANW eingebrachten Antrag gilt als sicher.
Damit würden alle Stadtverordnete, die vor dem 31. August 1971 geboren sind und deren letzte Überprüfung länger als zwölf Monate zurückliegt, anhand der Akten der Birthler-Behörde auf eine mögliche Tätigkeit für die DDR-Staatssicherheit kontrolliert. Derzeit vertreten 57 Bürger ehrenamtlich die Potsdamer in der Stadtverordnetenversammlung, die meisten wurden nach 1971 geboren. Dazu kommen sechs Ortsvorsteher. Überprüft werden sollen nach Willen der Rathaus-Kooperation auch die vier Beigeordneten Matthias Klipp (B 90/Grüne), Iris Jana Magdowski (CDU), Burkhard Exner (SPD) und Elona Müller (parteilos). An die stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses sowie der Ortsbeiräte wird appelliert, sich freiwillig dem Stasi-Check zu unterziehen.
Die aktuelle und für einige Stadtverordnete erneute Überprüfung sei notwendig, heißt es im Antrag, da möglicherweise bei der Birthler-Behörde neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Der Stasi-Check für Mitglieder von Kommunalparlamenten sei im Stasi-Unterlagengesetz ausdrücklich vorgesehen. Er solle sicherstellen, dass ehemalige hauptamtliche oder inoffizielle MfS-Mitarbeiter „das vertrauensvolle und verantwortliche Amt eines Stadtverordneten nicht ausüben oder dass die Öffentlichkeit zumindest von diesem Umstand Kenntnis erlangt“.
Beim Umgang mit möglichen Stasi-Fällen bleibt die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung allerdings weit hinter der neuen Stasi-Überprüfung des brandenburgischen Landtags zurück. In Potsdam soll wie seit Jahren ein von den Stadtverordneten bestimmter, siebenköpfiger und nachweislich unbelasteter Sonderausschuss über Stasi-Fälle beraten und befinden. Öffentlich werden sollen die Fälle und auch die Voten des Sonderausschusses nicht. Wird ein Mandat wegen Stasi-Verstrickungen niedergelegt, werde dies „ohne Nennung von Gründen“ bekannt gegeben.
Der Landtag hat dagegen seine Überprüfungskommission extern besetzt, ihre Feststellungen werden veröffentlicht und im Plenum diskutiert. Dort kann auch der Betroffene sich erklären.
In der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung gibt es bisher zwei bekannte Stasi-Fälle. Die Linke-Stadtverordnete Hans-Jürgen Scharfenberg, auch Landtagsabgeordneter, und Rolf Kutzmutz wurden als Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit geführt.
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