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Eine Geschichte, die das Leben schrieb. Nur eine kurze glückliche Zeit blieb Wolfgang und Ursula Heye mit den Kindern Bärbel und Uwe-Karsten (Bilder links und rechts oben), ehe der Krieg die Familie auseinanderriss. In der TV-Verfilmung spielen Maria Furtwängler und Pasquale Aleardi das Ehepaar Heye (Mitte und rechts unten). Nach dem vermeintlichen Tod Wolfgangs kämpft Ursula allein weiter um das Wohl ihrer Kinder.

© ZDF/privat

Von Jana Haase: „Sterben wäre ja auch die leichtere Übung“

In „Vom Glück nur ein Schatten“ hat der Wahl-Potsdamer Uwe-Karsten Heye die Geschichte seiner Familie aufgeschrieben. Jetzt kommt der Stoff ins Fernsehen

Stand:

Was für eine Frau, und was für ein Leben. Unbeirrbar kämpft diese Ursula Heye für sich und ihre beiden Kinder, obwohl es die Umstände doch so schlecht meinen. Weil ihr Mann, der geliebte Wolfgang, für Hitler an die Front muss und später, da hat er schon zweimal die Fahnenflucht versucht, in einem Strafbataillon „beim Minenlegen explodiert“, wie man der Hinterbliebenen erklärt. Weil sie allein mit den Kindern aus ihrer Heimatstadt Danzig fliehen muss und dann auch aus Rostock, nach Kriegsende, wo sie es nicht mehr erträgt, dass schon wieder im Gleichschritt marschiert wird. Sie beißt die Zähne zusammen und macht weiter. Um der Kinder Willen, denn den eigenen Traum von der Karriere als Pianistin hat sie längst aufgegeben. Stattdessen haut sie als Sekretärin in die Schreibmaschinentasten, schleppt als Trümmerfrau Steine, schmuggelt ihre Kinder unter falschen Namen über die innerdeutsche Grenze in den Westen und fängt dort wieder bei Null an, als ungern gesehener „Ostflüchtling“. „Sterben“, sagt diese Ursula Heye irgendwann, „wäre ja auch die leichtere Übung.“

Es ist die Geschichte seiner Mutter, die der Wahl-Potsdamer Uwe-Karsten Heye, Ex-Regierungssprecher (SPD) und früherer Generalkonsul in New York, heute unter anderem auch PNN-Kolumnist, in seinem Buch „Vom Glück nur ein Schatten“ aufgeschrieben hat. Mit Maria Furtwängler hat diese Unbeugsame jetzt ein Gesicht bekommen, das die Fernsehzuschauer berühren wird: Im ZDF-Zweiteiler „Schicksalsjahre“, der Mitte Februar ausgestrahlt wird, spielt Furtwängler die Hauptrolle. Bereits am Dienstagabend feierte die Teamworx-Produktion von Regisseur Miguel Alexandre („Die Frau vom Checkpoint Charlie“) in Berlin Premiere – geadelt durch die Anwesenheit von Staatsoberhaupt Christian Wulff (CDU), der sich nicht wie bei anderen Protokollterminen nach wenigen Minuten entschuldigte, sondern den zweiteiligen, insgesamt dreieinhalbstündigen Film im Astor-Kino am Kurfürstendamm bis zum Abspann verfolgte.

„Mir hat es so gut getan, dass Ihr nicht gegangen seid“, bedankte sich eine gerührte Maria Furtwängler nach der Vorführung bei den Premierengästen. Es war ein emotionaler Abend, auch für Uwe-Karsten Heye. „Jede der Personen hätte in Wahrheit so aussehen können wie in diesem Film“, sagte er sichtlich bewegt: „Sie haben anders ausgesehen, aber ich habe Euch alle wiedererkannt.“

Heye hatte den Film bereits im Vorfeld im Familienkreis gesehen – und das sei auch nötig gewesen, wie er den PNN sagte: „Nur deshalb kann ich mich heute einigermaßen im Zaum halten.“ Die Adaption seines Buches sei geglückt, befand der 70-Jährige: „Es ist Lebensstoff, der da verarbeitet wird, das macht den Film so anrührend.“

Besonders mit der Hauptdarstellerin habe es viele Gespräche gegeben, berichtet er: „Maria war sehr neugierig auf meine Mutter, diese Frau mit ihrer Mischung von Kühle und Emotion.“ Auch am Set – der Film ist unter anderem in der Außenkulisse „Berliner Straße“ im Studio Babelsberg entstanden – war Heye mehrmals zu Besuch. „Ich war Ansprechpartner, wenn es um historische Fakten und die Genauigkeit ging, habe mich sonst aber nicht eingemischt.“

Die Buchvorlage habe er im Jahr 2000 als Reaktion auf eine beunruhigende Entwicklung in Deutschland geschrieben, erinnert er sich: „Das war die Zeit, in der wieder Synagogen brannten und Menschen wegen ihrer Hautfarbe angegriffen wurden.“ Damals gründete Heye auch den Verein „Gesicht zeigen!“, der sich gegen rechte Gewalt und für Zivilcourage engagiert. Offizielle Statements allein hätten ihm nicht gereicht, also habe er das Buch geschrieben: „Ich wollte an meiner eigenen Familie erklären, wohin es führt, wenn man wegguckt, sich wegduckt zur falschen Zeit.“

Denn auch durch die Familie Heye haben die geschichtlichen Ereignisse einen Riss geschlagen, das wird im Film deutlich: Zum Beispiel als der Vater sich weigert, sich in die von den Nazis geführten sogenannten „Volkslisten“ eintragen zu lassen, und bei seiner Frau damit auf Unverständnis stößt. Oder als Ursulas Bruder ein Hitler-Porträt aufhängt, das der Vater erzürnt wieder von der Wand reißt. Als Ursula von ihrer Mutter angefeindet wird, weil ihr Mann desertiert ist.

Aber auch Ursula quälen Selbstzweifel. War es wirklich richtig, Wolfgang die Fluchtpläne nach Schweden auszureden? Sich die Scheidung aufzwingen zu lassen, aus Angst um den Arbeitsplatz?

Den Ehering trägt sie trotzdem weiter. Und Wolfgang ist auch nicht tot, wie sie jahrelang geglaubt hat. Aber als sie das erfährt, ist es zu spät für ein glückliches Ende. „Der Krieg hat alles zerstört“, sagt sie ihren Kindern: „Ihr dürft es nie wieder soweit kommen lassen.“ Diese Hoffnung verbindet Uwe-Karsten Heye auch mit dem Film: „Ich hoffe, dass in vielen Familien noch einmal ein Gespräch zustande kommt, über das Warum und Woher und das Nie-Wieder.“

„Schicksalsjahre“ wird am 13. und 14. Februar je ab 20.15 Uhr im ZDF gezeigt.

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