Landeshauptstadt: Streckübung am Einkaufsregal
Seniorengerechter Supermarkt: Mit der Check-Liste der Verbraucherzentrale durch Kaufland
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Waldstadt - Das Vital-Tonikum steht ganz oben. Die 78-jährige Inge Polz muss sich mächtig strecken, um es zu erreichen. Auch dann berühren nur die Fingerspitzen die in einer hohen Pappschachtel verpackte Glasflasche. Bei einer solchen Aktion sei ihr schon einmal ein Glas mit Hausmacher-Leberwurst auf die Brille gefallen, erzählt Inge Polz. Deshalb bittet sie beim Einkaufen in den meisten Fällen andere Kunden oder eine Verkäuferin, ihr zu helfen. Punkt Vier der Check-Liste für seniorengerechte Supermärkte bekommt deshalb ein dickes Minus.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg hat jetzt Senioren gebeten, ihre Kaufhalle zu testen. Dazu gibt es eine Liste mit Top-Ten-Wünschen an die Hand, die Kunden im Seniorenalter den Verbraucherschützern gemeldet haben. Darunter unter anderem eben auch: nicht zu hoch platzierte Waren.
Mit drei Frauen – alle über 70 – aus dem Käthe-Kollwitz-Heim geht es durch den Kaufland im Waldstadt-Center. Jede auf einen Einkaufswagen gestützt, wird im Schritttempo durch den Supermarkt gefahren. Das Problem mit den zu hoch angeordneten Waren sei bekannt, sagt Stefan Gärtner, Filialleiter in der Waldstadt. Man plane deshalb, sogenannte „Spiegelregale“ einzuführen. Dann seien das oberste und das darunter gelegene Fach mit exakt den gleichen Dingen bestückt.
„Salz“, „Teigwaren“, „Gemüsekonserven“ steht in schwarzen Lettern auf gelben Pappschildern an den Regalen angeschlagen. „Das ist sehr übersichtlich“, bewertet Regine Sanner das Orientierungssystem. Die 71-Jährige ist erst vor kurzem aus Mecklenburg-Vorpommern nach Potsdam in das Heim für betreutes Wohnen gezogen. Im Norden sei ein kleiner Discounter ihr Stammgeschäft für den Lebensmitteleinkauf gewesen. „Das große Warenangebot hier hat mir am Anfang Angst gemacht“, gesteht sie. Inzwischen wisse sie, wo alles steht.
Für die „gut lesbare Beschriftung“ heimst Kaufland Pluspunkte ein, ebenso für die „leicht lenkbaren Einkaufswagen“ und die „breiten Gänge zwischen den Regalen“. Vor den drei Damen fährt ein älterer Mann im elektrischen Rollstuhl. Behänd kann auch er sich durch die Warenreihen bewegen. Ein Heimmitbewohner habe auch ein solches Gefährt, erzählt die 72-jährige Lore Bertz. „Mit dem er für uns alle manchmal einkaufen fährt.“ Das Personal bei Kaufland sei dann immer besonders aufmerksam. Überhaupt seien alle freundlich und hilfsbereit. An der Kasse und auch an der Rezeption, wo sie vor dem Einkauf immer ihren Trolly abgebe. „Ein guter Service“, sagt Lore Bertz, die im Potsdamer Seniorenbüro arbeitet. Sie findet die Aktion der Verbraucherzentrale sehr gut. „Wir Senioren werden einfach zu selten nach unserer Meinung gefragt“, kritisiert die Rentnerin. „Dabei werden wir immer mehr“, pflichtet ihr Inge Polz bei. Laut aktuellster Statistik ist schon heute jeder fünfte Potsdamer über 65 Jahre. „Und man braucht beim Einkaufen auch mal eine Pause“, erklärt Regine Sanner und wünscht sich eine Sitzmöglichkeit im Supermarkt. Der Stuhl sei bestellt und werde demnächst an einer Säule in der Nähe des Tiefkühlbereichs angebracht, sagt Filialleiter Gärtner. Bleibt nur noch das Toilettenproblem. Die liegen außerhalb von Kaufland im Waldstadt-Center. „Im zweiten Stock.“ Die habe sie einmal nur mit knapper Not erreicht, erzählt Inge Polz. Das sei wirklich verbesserungswürdig, finden alle drei Frauen. Auf die Lage der Kundentoilette habe er aber keinen Einfluss. „Das kann ich leider nicht ändern“, so der Filialleiter.
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