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Homepage: Streit um Änderung eines Gesetzes

Hochschulgesetz: Neuer Passus für Theologie nötig

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Das Brandenburgische Hochschulgesetz wird noch in diesem Jahr in mehreren Punkten geändert. Eine erste Änderung soll voraussichtlich in der kommenden Woche beschlossen werden. Es geht um die rechtliche Grundlage für an Konfessionen gebundene Professuren. Dies wird zur geplanten Einrichtung der Jüdischen Theologie an der Uni Potsdam nötig, da dafür Professuren konfessionsgebunden besetzt werden müssen. Das Landeshochschulgesetz soll dazu um eine Vorschrift ergänzt werden, die die Voraussetzungen und Bedingungen für eine theologische Ausbildung an staatlichen Hochschulen regelt. Die Gesetzesvorlage wurde nun vom Wissenschaftsausschuss des Landtages befürwortet und soll am kommenden Mittwoch dem Landtag zur Verabschiedung vorliegen.

Allerdings gab es zuvor Bedenken vonseiten der Opposition. Eine Gesetzesänderung alleine reiche nicht aus, da sich aus den Grundrechten von Religionsgemeinschaften und der Wissenschaftsfreiheit ein Interessenkonflikt ergeben könnte. CDU-Generalsekretärin Anja Heinrich hielt einen Staats-Kirchen-Vertrag für nötig, auf dessen Grundlage in anderen Bundesländer theologische Fakultäten errichtet wurden. Heinrich beantragte eine Sondersitzung des Ausschusses, noch bevor das Gesetz in den Landtag geht. Dies sei am Abstimmverhalten des Ausschussvorsitzenden gescheitert. Den PNN gegenüber zeigte sie sich verärgert darüber, dass die Sondersitzung nun keinen Einfluss mehr habe. Sie behält sich eine Normenkontrollklage vor.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der Linken, Peer Jürgens, geht davon aus, dass die Gesetzesvorlage nun in den Landtag geht. Die Bedenken der CDU hält er für überzogen. „Ich sehe keine wirklichen verfassungsrechtlichen Probleme“, so Jürgens. Die Diskussion im Ausschuss habe ergeben, dass eine schnelle Lösung des Problems sich nur über die Gesetzesänderung erreichen lasse, da ein Staatsvertrag mehr Zeit beanspruchen würde. Auch fehle dem Wissenschaftsministerium ein eindeutiger Verhandlungspartner, da die jüdischen Glaubensgemeinschaften in mehrere Gruppierungen aufgespalten sind. Zuvor hatte der Parlametarische Beratunsgdienst des Landtags verfassungsrechtliche Bedenken an der Gesetzesänderung geäußert und einen Staats-Kirchen-Vertrag empfohlen. Brandenburg betritt hier Neuland, da alle anderen Länder diese Fragen bislang über Staatsverträge geregelt haben. Ein Sprecher des Ministeriums sagte dazu, dass man zur Beschleunigung des Verfahrens erst einmal per Gesetz eine Regelung schaffe, was spätere Vertäge nicht ausschließe.

Bis Ende des Jahres soll darüber hinaus eine grundlegende Reform des Landeshochschulgesetzes erfolgen. Bis zum Sommer soll dazu ein Entwurf erarbeitet werden. Erste Forderungen dazu kursieren bereits. So fordert die Fraktion der Linken, dass eine Zivilklausel ins Hochschulgesetz aufgenommen wird. Nach einer Kleinen Anfrage zum Thema Bundeswehr und Hochschulen an die Landesregierung bemängelt Peer Jürgens enge Verknüpfungen zwischen der Bundeswehr und den Hochschulen. Während er die Kooperation im Bereich der Militärgeschichte, wie es sie zwischen der Universität Potsdam und dem Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr gibt, für unbedenklich hält, lehne die Linke Kooperationen zu klaren militärischen Zwecken ab.

Kritikpunkte der Linken sind Kooperationen der Uni Viadrina in Frankfurt (Oder) mit dem Taktikzentrum der Marine-Operationsschule zum Einsatzrecht für Seestreitkräfte und mit der Führungsakademie der Bundeswehr zu Rechtsfragen militärischer Operationen. Kritisch seien auch regelmäßige Vorträge der Viadrina an der Nato-Schule in Oberammergau. Kooperationen in diesen Bereichen gehen aus der Antwort der Landregierung auf die Anfrage der Linken hervor. „Diese Zusammenarbeit steht im Widerspruch zu unserer Vorstellung von einer auf friedliche Zwecke ausgerichteten Wissenschaft“, so Jürgens.

An der Viadrina wies man die Vorwürfe zurück. „Allein die Befassung mit einem Rechtsgebiet, dessen Anwendungsbereich den bewaffneten Konflikt umfasst, und die Vermittlung von Forschungsergebnissen an diejenigen, die zuvörderst betroffen sind, mithin die Angehörigen der Streitkräfte, macht weder die Forschung noch deren Vermittlung unfriedlich“, sagte Professor Heintschel von Heinegg vom Lehrstuhl für öffentliches Recht, Völkerrecht, Europarecht und ausländisches Verfassungsrecht der Frankfurter Uni. Die angeführten Kooperationen mit dem Taktik-Zentrum der Deutschen Marine und der NATO-Schule betreffen nach Angaben des Viarina-Professors die Ausbildung von Offizieren im Einsatzrecht, insbesondere im humanitären Völkerrecht. Damit sei sichergestellt, dass die Angehörigen der Streitkräfte Deutschlands und seiner Verbündeten in der Nato  ihre militärischen Operationen im Einklang mit dem anwendbaren Völkerrecht und nationalen Recht durchführen. „Bislang ist aber die wichtigste Institution, deren Ziel die Wahrung sowie die Verbreitung des humanitären Völkerrechts ist, nämlich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), nicht einmal von der Partei ,Die Linke’ als feindselig oder militaristisch eingeordnet worden“, so Heintschel von Heinegg. Es sei  Aufgabe des humanitären Völkerrechts, dass selbst in Zeiten bewaffneter Konflikte ein Mindestmaß an Menschlichkeit beachtet wird. „Diesem Ziel dient die Vermittlung meiner Forschungsergebnisse an den beiden genannten Einrichtungen", erklärte der Wissenschaftler. Von einem Widerspruch zu einer auf friedliche Zwecke ausgerichteten Wissenschaft könne daher keine Rede sein. Jan Kixmüller

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