Landeshauptstadt: Streit um Kita-Finanzen verschärft sich
Kita-Träger drohen Stadtverwaltung mit juristischen Mitteln / Debatte im Jugendhilfeausschuss
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Der Streit zwischen Rathaus und freien Kita-Trägern um die angekündigte Neufassung der Kita-Finanzierungsrichtlinie wird jetzt auch mit juristischen Mitteln geführt. In einer aktuellen Stellungnahme der Liga der Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege – zu der große Träger wie Diakonie oder Arbeiterwohlfahrt gehören – haben die Kita-Betreiber angekündigt, ein Rechtsgutachten zu der geplanten Finanzierungsrichtlinie erstellen zu lassen. Dieses soll klären, ob der Entwurf mit Vorgaben aus dem Kita-Gesetz des Landes Brandenburg vereinbar ist. Dies sei „zu bezweifeln“, so die Träger. Überdies erklären sie die bisherigen Verhandlungen mit der Stadt als „gescheitert“.
Wie berichtet verhandeln Träger und Stadt schon seit Monaten über die neue Richtlinie, die nach fünf Jahren Gültigkeit überarbeitet werden muss. Mit dem Papier wird geregelt, welche Pauschalsummen die Träger pro Kind für ihre Arbeit erhalten. Die Stadtverwaltung hat dabei angeboten, ihre Pauschalen an die Träger um insgesamt rund 925 000 Euro pro Jahr zu erhöhen – ein Plus um 1,6 Prozent. Allerdings fehlt ein den Trägern in der ersten Jahreshälfte zugesagter Zuschuss von 325 000 Euro für mehr Qualität in den Kitas – diesen hatte die Verwaltung aus „haushalterischen Gründen“ kurzfristig gestrichen. Weiterhin enthält das Papier feste Regeln, dass Träger Daten über getätigte Aufwendungen zum Betrieb ihrer Einrichtungen zur Verfügung stellen müssen. Es drohen Sanktionen, wenn die Nachweise zu spät oder „nicht in ausreichender Qualität“ vorliegen.
Kritik an den Plänen gab es am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss, in dem Stadtverordnete, aber auch Jugendhilfe-Träger vertreten sind. So warf Marcel Kankarowitsch, Chef der Diakonie, der Stadtverwaltung vor, nicht „ernsthaft“ verhandelt zu haben. Auch beklagte er die hohen „Kontrollaufwendungen“ für die Träger. Diese litten bereits an einem schlechten Image, „als würde ich mir mit Kitas eine goldene Nase verdienen“, so Kankarowitsch. Bettina Stobbe, Sprecherin der für die Verhandlungen zuständigen Träger-Arbeitsgemeinschaft, bemängelte, das Plus von 1,6 Prozent sei nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. So würden Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre und andere Mehraufwendungen nicht berücksichtigt. Im Bereich der Betriebskosten gebe es eine Unterfinanzierung, der Neukauf von pädagogischem Material sei künftig nicht mehr möglich. Bleibe die Vorlage so, könnten die Kitas nicht mehr „qualitätsorientiert arbeiten“ und müssten notfalls auf eine Individualfinanzierung ausweichen, was aber deutlich mehr Verwaltungsaufwand für Träger und Stadt bedeuten würde: „Das kann nur die Ultima Ratio sein“. Zugleich räumte Stobbe ein, dass ein Teil der rund 40 in Potsdam tätigen Träger mit der Richtlinie „leichte Aufwüchse“ bei den Finanzen bekommen würden – bei einem anderen Teil ändere sich nichts, die restlichen Träger müssten mit größeren Defiziten rechnen.
Die Kritik konterte Jugendamtschef Norbert Schweers. Dass die Kita-Träger mit der jetzt geltenden Richtlinie gut „klarkommen“ würden, zeige sich daran, dass keine Kitas schließen müssten, im Gegenteil sogar neue entstehen: „Kein Träger würde ein jahrelanges Defizit hinnehmen“. Zugleich hätten Datenerhebungen der Verwaltung bei den Trägern ergeben, dass etwa für die Kosten von Reinigung in baugleichen Kita-Typen Preisunterschiede in Höhe von rund 400 Prozent bestünden: „Da müssen sich manche Träger anstrengen, wirtschaftlicher zu arbeiten.“ Die Kontrollen seien nötig, weil die Träger mit Geldern der öffentlichen Hand bezuschusst würden, sagte Schweers: „Sie haben ja nichts zu verbergen “ Zugleich sagte er: Angesichts der Debatte sei es „illusorisch“ zu glauben, die Verwaltung werde alle strittigen Punkte der Richtlinie mit den Trägern klären können.
Ungeachtet dessen beschloss der Jugendhilfeausschuss, dass es weitere Verhandlungen geben müsse – und dass das Rathaus die eingesparten Qualitätsparameter wieder in den Entwurf einarbeiten soll. Das würde besagte 325 000 Euro kosten. Am 1. Januar 2012 soll die neue Richtlinie in Kraft treten. Die letzte Entscheidung darüber liegt bei den Stadtverordneten. Insgesamt gibt die Stadt für die Betreuung von mehr als 13 000 Kindern knapp 46 Millionen Euro aus. Henri Kramer
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