Landeshauptstadt: Streit um Neonazi-Szene Linke kritisieren Jakobs / Übergriff in Fahrland
Zwischen der linken Szene Potsdams und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gibt es verschiedene Sichtweisen zur Stärke der rechtsextremen Szene in der Stadt. „In Potsdam gibt es eine Szene, die ihrem Auftreten gemäß als organisiert gelten darf und die nicht totgeschwiegen werden darf“, hieß es gestern in einer Mitteilung der Autonomen Antifaschistischen Linke Potsdam (AALP).
Stand:
Zwischen der linken Szene Potsdams und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gibt es verschiedene Sichtweisen zur Stärke der rechtsextremen Szene in der Stadt. „In Potsdam gibt es eine Szene, die ihrem Auftreten gemäß als organisiert gelten darf und die nicht totgeschwiegen werden darf“, hieß es gestern in einer Mitteilung der Autonomen Antifaschistischen Linke Potsdam (AALP). Die rechte Szene versuche eine Annäherung an die NPD, etwa als Ordner auf deren Demos. Bei solchen Veranstaltungen würden die Rechten unter dem Namen „Freie Kräfte Potsdam“ oder „Alternative Jugend Potsdam“ auftreten. Am 24. Juli hatte Oberbürgermeister Jakobs in einer Pressekonferenz betont, dass es laut dem Rechenschaftsbericht des Beirats zur Umsetzung des lokalen Aktionsplans für Toleranz keine organisierte rechtsextreme Szene in der Stadt mehr gäbe (PNN berichteten).
Doch zwei Tage später ist es offenbar in Fahrland zu einer Auseinandersetzung zwischen linken und rechten Jugendlichen gekommen. Die Polizei bestätigte den PNN gestern, dass am Morgen des 25. Juli gegen zwei Uhr ein 17-jähriger Jugendlicher aus dem Ortsteil sich nach seinen Angaben von vier Personen bedroht fühlte, die Baseballschläger in der Hand gehalten und sein Haus fotografiert hätten. Daraufhin habe er sie mit Pfefferspray vertrieben. Tags darauf – dies bestätigte die Polizei gestern – hätten sich gegen 22 Uhr zwei Gruppen in Fahrland an der Haltestelle Am Upstall schlagen wollen, woraufhin Polizisten die Jugendlichen hätten trennen müssen. Es seien dabei Platzverweise erteilt worden, so Polizeisprecherin Angelika Christen. Dabei habe sich ein anderer 17-Jähriger aus Fahrland gemeldet, der sich als Opfer des Pfeffersprayangriffs vom Vortag bezeichnete. „Der Bedrohte andere 17-Jährige wollte keine Anzeige wegen Bedrohung oder Hausfriedensbruch aufgeben und keine Zeugenaussage machen“. Gegen ihn ermittle die Polizei von Amts wegen gefährlicher Körperverletzung. Es sei bedauerlich, dass so wenig kooperiert worden sei: „Wir sind an Erkenntnissen über Rechtsextreme interessiert.“
Die AALP hatte in ihrer Mitteilung zum selben Vorfall die Ermittlungen gegen „den Antifaschisten“ scharf verurteilt: „Die Absurdität eines solchen Verhaltens der Polizei ist für uns nicht nachvollziehbar.“ Der Einsatz von Pfefferspray war in ihrer Mitteilung als „schnelles Reagieren“ bezeichnet worden. Die Rechtsextremen hätten versucht, den linken Jugendlichen einzuschüchtern, etwa mit der Aufschrift an der Tür: „Hier wohnt ein Antifaschist“.
Auch andere Kenner der rechten Szene meldeten sich gestern auf PNN-Anfrage zu Wort. „Die rechte Szene ist nach vielen Inhaftierungen zwar kleiner, aber immer noch mobilisierungsfähig“, sagte Tamas Blénessy, Sprecher der AG Antifa an der Uni Potsdam. Er erinnerte an zwei Aufmärsche von bis zu 50 Rechten in der Innenstadt in diesem Jahr. Jedoch seien Potsdamer Neonazis vorsichtiger geworden, aus Angst vor Haftstrafen. Dies belegen auch Zahlen der Vereins Opferperspektive für 2007: Nach 22 Übergriffen in Potsdam 2006 sind bis jetzt erst drei rechte Angriffe verzeichnet worden. Lutz Boede als Mitglied des Toleranzbeirat kündigte an, dass dieser sich vor den Kommunalwahlen 2008 mit einem erwartbaren Antritt der rechtsextremen NPD beschäftigen müsse und werde. Henri Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: