Nachruf auf Maria Zinkernagel: Streiten für Potsdam
Sie lebte für die Musik und stritt für Potsdam. Zum Tod der ehemaligen Schuldirektorin Maria Zinkernagel, die auch politisch aktiv war. Ein Nachruf
Stand:
Als im Jahre 1976 die gerade in Halle diplomierte Deutsch- und Musiklehrerin Maria Zinkernagel an einem Sommertag den Heiligen See mit seinen landschaftlichen Schönheiten und den einladenden Badefreuden genoss, war sie überzeugt: Nach Potsdam kehre ich zurück, in dieser Stadt mit seinen Schlössern und Gärten, Seen und Wäldern werde ich wohnen.
Die Entscheidung für Potsdam sollte für Maria Zinkernagel eine Entscheidung für ihr Leben werden, für ihre berufliche Laufbahn sowie ihr ehrenamtliches Engagement. Für fast 40 Jahre ging sie mit der Stadt eine enge Beziehung ein. Sie hat sie geliebt und für sie gestritten. Am vergangenen Samstag ist sie nach einem langen Krebsleiden im Alter von 62 Jahren verstorben. Fast bis zum Schluss hielt sie an der Hoffnung fest, die Krankheit zu überwinden. Sie hinterlässt zwei Kinder und ihren Lebenspartner Bringfried Löffler.
Nach dem Studium zur Musiklehrerin kam sie nach Potsdam
Die gebürtige Leipzigerin wollte wie ihre Mutter Lehrerin werden. Die musisch Begabte ging nach Wernigerode. In der dortigen Gerhart-Hauptmann-Oberschule wirkte sie in dem Rundfunk-Jugendchor mit, der bereits zu DDR-Zeit hohe Anerkennung bekam. Das mehrstimmige Singen, das Kennenlernen von weit gefächerter Musikliteratur hat sie geprägt. Auch für ihren Wunsch, Musiklehrerin zu werden. Nach dem Studium kam sie nach Potsdam. In verschiedenen Schulen lehrte sie, gründete Schulchöre oder übernahm die Ensembles von Kollegen. Ab 1992 wirkte sie als Schuldirektorin in Bornstedt, an der Karl-Foerster-Gesamtschule, die 1999 Grundschule wurde. Auch hier lag ihr die musikalische Bildung von Kindern am Herzen. Mit dem Schulchor oder mit den von ihr betreuten Klassen war sie viele Jahre zum Geburtstagsgedenken von Karl Foerster Anfang März auf der Freundschaftsinsel eingeladen, um musikalisch den Frühling einzuläuten. 2008 wechselte sie das stets herausfordernde Berufsleben einer Lehrerin für fünf Jahre mit dem einer Schulvisitatorin. Dann wählte sie die Altersteilzeit.
Sie ärgerte sich in der DDR über den Verfall der Stadt
Maria Zinkernagel beobachtete stets mit offenem, liebevoll-kritischem Blick ihren Wohn- und Arbeitsort Potsdam. Zu DDR-Zeiten ärgerte sie sich, wie Häuser des 18. Jahrhunderts immer mehr verkamen, wie kunstvoll angelegte Parks wie der Pfingstberg in ihrem ursprünglichen Zustand kaum zu erkennen waren. Mit Freunden wollte sie heruntergekommenen historischen Denkmalen wieder eine Zukunft geben. Dafür hat sich die Lehrerin bei Argus und in der Arbeitsgemeinschaft Pfingstberg, die zunächst unter dem Dach des Kulturbundes agierten, intensiv engagiert. Auch nach der politischen Wende 1990. Während der Aufbruchsstimmung nach dem Ende der DDR stand Maria Zinkernagel dem neuen demokratischen Leben Potsdams nicht fern. Im Gegenteil. Sie wurde für vier Jahre Abgeordnete der drittgrößten Fraktion Neues Forum/Argus im ersten frei gewählten Stadtparlament nach mehr als 40 Jahren in Potsdam.
Maria Zinkernagels viel zu kurzes Leben und Wirken war der Musik, ihrer Vermittlung sowie dem Respekt vor allem Bewahrungswürdigem gewidmet, in allen Facetten. Klaus Büstrin
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