Landeshauptstadt: Synagogenstreit spitzt sich zu
Jüdische Gemeinde für Boykott der Fördervereins-Veranstaltung / Haberland-Vertrag „ruhend gestellt“
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Innenstadt - Der Streit um die geplante neue Synagoge spitzt sich weiter zu: Die Jüdische Gemeinde Potsdam hat Juden aus Potsdam und dem Land Brandenburg aufgerufen, sich nicht an der vom Synagogenbau-Förderverein geplanten Veranstaltung für einen Neuanlauf zum Synagogenbau an diesem Sonntag (PNN berichteten) zu beteiligen. In einem Schreiben vom Donnerstag sprach der stellvertretende Gemeindevorsitzende Michail Tkach von einer „weiteren Show“, bei der „im Namen des Judentums ehrgeizige eigene Vorstellungen der Öffentlichkeit präsentiert werden sollen“. Tkach: „Dieser Versuch einer nicht-jüdischen Organisation, ihre Vision von der Errichtung einer Synagoge zu präsentieren, spaltet das Potsdamer Judentum und gefährdet die Realisierung des Traums vom eigenen Haus der Juden im Einklang mit Jahrhunderte alten Traditionen.“ Sollte die Veranstaltung stattfinden, so Tkach weiter, „sehen wir den Fortgang der Verhandlungen mit der Synagogengemeinde erheblich belastet“.
Bekanntlich hatte das Land nach dem andauernden Streit zwischen der Jüdischen Gemeinde und der Synagogengemeinde um den Synagogen-Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland einen Baustopp verhängt und die Gemeinden verpflichtet, sich zunächst auf ein gemeinsames Nutzungskonzept zu einigen. Der Haberland-Entwurf, der den ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatte, stand bei Vertretern der Synagogengemeinde in der Kritik: Bemängelt wurde unter anderem die bürolastige Innenaufteilung, ein zu kleiner Gebetssaal sowie eine mangelnde jüdische Ausstrahlung.
Der noch ausstehenden Einigung griff der der Synagogengemeinde nahe stehende Förderverein nun vor: Mit einer öffentlichen Veranstaltungsreihe, zu der Interessierte eingeladen sind, soll die Neuausschreibung des Baus möglichst transparent vorbereitet werden, so Fördervereinschef Ulrich Zimmermann, der auch im Verein „Mitteschön“ engagiert ist. Die erste Veranstaltung findet am Sonntag um 17 Uhr im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte am Neuen Markt statt. Zimmermann hatte außerdem die Zweiteilung des Synagogen-Baus ins Gespräch gebracht: Das von der Jüdischen Gemeinde benötigte Gemeindezentrum könne im wieder zu errichtenden früheren Gasthaus „Zum Einsiedler“ auf dem Nachbargrundstück unterkommen, der Gebetssaal und die Mikwe – das rituelle Tauchbad – wie geplant auf dem Grundstück in der Schloßstraße 1. Den Vorstoß des Fördervereins hatte der Synagogen-Bauverein, der den Haberland-Entwurf favorisiert, zuletzt kritisiert – und in Frage gestellt, dass eine Neuausschreibung für den Bau überhaupt möglich sei.
Tatsächlich bestehen die Verträge mit dem Architekten Haberland und „weiteren Freiberuflern“ noch weiter, erklärte eine Sprecherin des brandenburgischen Kulturministeriums gestern auf PNN-Anfrage. Sie seien aber „momentan ruhend gestellt“. Ob es eine Neuausschreibung geben kann, komme auf die Einigung der beiden Gemeinden an. Aber selbst wenn sie eine neue Synagoge fordern, müsse zunächst mit dem Architekten verhandelt werden, „inwieweit er seinen Entwurf überarbeiten würde“. Erst danach könnten weitere Entscheidungen über eine eventuelle Neuausschreibung erfolgen.
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