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Markierung der ehemaligen innerdeutschen Grenze auf der Glienicker Brücke.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Geringere Löhne, kulturelle Vorurteile: So kritisch blicken die Potsdamer auf die Deutsche Einheit

Die Ostdeutschen fühlen sich gegenüber den Westdeutschen benachteiligt. Das sagt ein Großteil der Potsdamerinnen und Potsdamer in einer aktuellen Umfrage. Gründe gibt es einige.

Stand:

Die Potsdamerinnen und Potsdamer blicken kritisch auf die Deutsche Einheit. Bezogen auf gesamtdeutsche gesellschaftliche und politische Zusammenhänge haben 77 Prozent den Eindruck, dass Ostdeutsche gegenüber Westdeutschen benachteiligt werden. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegels. 76 Prozent der Befragten in den neuen Bundesländern sehen eine Benachteiligung der Ostdeutschen, unter den Westdeutschen waren es 25 Prozent.

Warum sich Ostdeutsche benachteiligt fühlen

Als Grund, weshalb sich Ostdeutsche häufig benachteiligt fühlen, nannten 82 Prozent der Potsdamerinnen und Potsdamer geringere Löhne und Vermögen. 62 Prozent sahen als Ursache, dass weniger Ostdeutsche in Führungspositionen sind. Jeweils 56 Prozent nannten kulturelle Vorurteile gegenüber Ostdeutschen sowie wenig Kenntnisse über ostdeutsche Kultur. Die Hälfte, jeweils 51 Prozent, sahen als Gründe schwächere wirtschaftliche Strukturen sowie ein Ungleichgewicht bei politischen Entscheidungen.

Kritik an Bundespolitik und Medien aus Potsdam: 68 Prozent finden es wichtig, dass entscheidende politische Positionen gleichermaßen von Ost- und Westdeutschen besetzt werden. Zwei von drei Befragten, 67 Prozent, finden, dass ihre Region nicht ausreichend von der Bundespolitik vertreten wird – in den ostdeutschen Ländern sagten dies neun Prozent mehr.

73 Prozent der Potsdamerinnen und Potsdamer haben den Eindruck, dass die Lebensrealität in ihrer Region nicht angemessen in den Medien abgebildet wird.

Keine gleichwertigen Lebensverhältnisse

Dass Ost- und Westdeutschland gleichwertige Lebensverhältnisse bieten, verneinten 79 Prozent der Befragten in Potsdam. Unter allen ostdeutschen Befragten waren es 72 Prozent. Zwar war der Großteil sowohl der Potsdamerinnen und Potsdamer als auch der Ostdeutschen, jeweils 58 Prozent, mit ihrer persönlichen Lebenssituation zufrieden. Doch geht die Hälfte in Potsdam, 49 Prozent, davon aus, dass sich die persönliche wirtschaftliche Lage in den kommenden fünf Jahren verschlechtern wird. Mit einer Verbesserung rechnen lediglich neun Prozent.

Der Großteil der Potsdamerinnen und Potsdamer fand keinen Lebensbereich, in dem die Deutsche Einheit gut gelungen ist. Am meisten Zuspruch bekam die Infrastruktur, 41 Prozent nannten sie als am besten gelungen.

Erheblich schlechter schnitten andere Bereiche ab: So nannten lediglich neun Prozent die politische Teilhabe, sieben Prozent Bildung, fünf Prozent Wirtschaft und ein Prozent den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Damit fanden jeweils weniger Befragte in Potsdam positive Beispiele als in den neuen deutschen Bundesländern. Einen deutlich positiveren Blick gibt es unter den Westdeutschen.

67
Prozent der Potsdamerinnen und Potsdamer finden ihre Region nicht ausreichend von der Bundespolitik vertreten

Warum die AfD Zuspruch erlebt

Auch Positionen zu Parteien wurden abgefragt. Demnach kann sich jeder dritte Befragte in Potsdam, 33 Prozent, vorstellen, bei einer kommenden Wahl eine andere Partei zu wählen als bei der vorherigen. Die Zustimmung für die AfD in der Landeshauptstadt begründen 68 Prozent mit der Sorge vor Zuwanderung und 48 Prozent damit, dass die Politik die Region nicht ernst nehme. 33 Prozent nennen zu wenig bezahlbaren Wohnraum als Grund, 31 Prozent überlastete Schulen und Kitas und 30 Prozent Ausländerfeindlichkeit.

Bei der Bundestagswahl wurde die AfD mit 16,9 Prozent drittstärkste Kraft in der Landeshauptstadt. Die Wahlergebnisse vor Ort veranlassen allerdings nur wenige, wegziehen zu wollen. Jeder Fünfte, 18 Prozent, hat schon einmal darüber nachgedacht, aufgrund der Wahlergebnisse Potsdam zu verlassen.

Civey hat Ende August bis Anfang September online rund 10.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren gefragt. Die Ergebnisse auf Ebene der Landkreise sind repräsentativ auf Basis einer modellbasierten, statistischen Methode für kleine Datenräume.

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