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Landeshauptstadt: Tanz der „Thermikschnüffler“

Teams aus Europa begeisterten die Zuschauer des elften Internationalen Drachenfests im Volkspark

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Bornstedter Feld - Langsam und majestätisch erheben sie sich in die Lüfte. Dann gleitet die Gruppe der Flugsaurier mit ausgebreiteten Flügeln dahin. Zwar sind es keine echten Urzeitriesen, sondern Flugdrachen aus Stoff, die den Himmel über dem Volkspark bevölkern. Dennoch lassen diese imposanten Gebilde zu Didgeridoo-Klängen urzeitliche Atmosphäre aufkommen. Das Team Elbwind aus Magdeburg hat die eindrucksvollen Flugsaurier zum Internationalen Drachenfest, das in diesem Jahr bereits zum elften Mal in Potsdam stattfindet, mitgebracht.

Lenkdrachen, farbenfrohe Windturbinen, sechseckige Rokakkus und dreidimensionale Kastendrachen – die 20 teilnehmenden Teams aus Frankreich, Schweden, Österreich und Deutschland faszinieren das Publikum mit der ganzen Bandbreite der Drachenvielfalt. Und obwohl nur ein laues Lüftchen weht, gelingt es den Drachenenthusiasten, ihre zumeist selbst gebauten Flugobjekte aufsteigen zu lassen. Denn ein waschechter Drachenfreund ist für jede Witterung gerüstet „Es kommt auf die Form und das Material an“, erklärt Jacqueline Wahnschaffe vom Team Elbwind, das allein 140 Drachen, die allesamt in Handarbeit von den 15 Mitgliedern hergestellt wurden, im Gepäck hat. So sind es überwiegend die Leichtwinddrachen – auch „Thermikschnüffler“ genannt – die an diesem Tag zum Einsatz kommen.

Ein besonderes Highlight sind die Revolution-Lenkdrachen von Fabrice Baldan und Ronan Saunier, die aus dem nordfranzösischen Dieppe angereist sind. Das Städtchen an der Atlantikküste gilt als die Hauptstadt des Drachensteigens und richtet regelmäßig eines der größten Drachenfeste der Welt aus. Mit ihren Vierleinern zeigen die beiden Franzosen, dass sie Meister ihres Fachs sind. Scheinbar mühelos platzieren sie ihre Drachen punktgenau auf die Spitze des Moderationszelts oder eine ausgestreckte Zuschauerhand. Gleich darauf schießen die Lenkdrachen wieder in die Lüfte empor, um spielerisch miteinander zu tanzen und synchrone Flugkunststücke zu vollführen. Dass er auch ein Meister des Drachenbaus ist, beweist Fabrice Baldan mit seinen filigranen, vogelartigen Drachen, die er aus handgeschöpftem Papier fertigt. Auch die Zuschauer dürfen sich als Drachenbauer betätigen und an der Ohashi-Kette des Potsdamer Drachenfreundes Karl-Joseph Lenz mitbasteln. „Drachen verbinden“ heißt das Projekt, das der ehemalige Schulrat 2003 zum Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung ins Leben gerufen hat. 100 Drachen sollen es in diesem Jahr werden, die von Zuschauern des Drachenfests gebaut und aneinandergekettet werden. „Ich möchte den Menschen zeigen, wie viel Spaß es macht, etwas selbst zu machen“, erklärt Lenz. Nach drei Feststunden sind es bereits 19 Drachen, die gemeinsam an der Schnur flattern.

Während sich die Kinder nun über einen Bonbonregen freuen dürfen, den die Drachenfähre abwirft, haben die Erwachsenen weniger Glück. Statt der in Aussicht gestellten Geldprämie von 50 Euro, die demjenigen winkt, der ein rohes Ei unbeschadet auffängt, gibt es für die zehn Freiwilligen nur Eiermatsch in Haaren und Kleidern.

Unterdessen hat sich auch die letzte kleine Abendbrise gelegt. Die Flugsaurier bäumen sich noch einmal auf, bevor sie im roten und gelben Kunstnebel, der über das Flugfeld wogt, untergehen.

Heike Kampe

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