Für saubere Luft: Tempo 30 gegen Schadstoffe
Auf sechs Potsdamer Hauptverkehrsstraßen soll künftig Tempo 30 gelten – jedenfalls wenn es nach dem Mehrheitswillen des Bauausschusses geht, damit die Luft in Potsdam sauberer wird.
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Potsdam - Der Bauausschuss hatte am Dienstagabend einen entsprechenden Antrag der Fraktionen Die Andere und FDP angenommen. Demnach soll die Verwaltung prüfen, ob das Tempolimit in der Zeppelinstraße, der Breiten Straße, der Kurfürstenstraße und der Hans-Thoma- Straße eingeführt werden kann. Die FDP setzte zudem eine Prüfung für die Pappelallee und den Schulplatz in Bornim durch. „Die Luft wird sauberer und es gibt weniger Lärm“, begründete Nicolas Bauer von Die Andere den Vorstoß, über den abschließend die Stadtverordnetenversammlung befinden muss.
Ziel des Tempolimits ist es, die Belastung mit Luftschadstoffen und Lärm in den viel befahrenen Straßen zu senken. Das könnte funktionieren: Seit Dezember 2012 gilt in der Großbeerenstraße zwischen Lutherplatz und Fritz-Zubeil-Straße Tempo 30. Das hatte das Landesumweltamt bereits im Frühjahr 2012 als Konsequenz aus der hohen Feinstaubbelastung gefordert. Die Konzentration von Feinstaub in der Luft könne so um sieben, die von Stickstoffdioxid (NO2) sogar um 19 Prozent reduziert werden, hieß es damals. Die Stadt hatte sich zunächst dagegen gesträubt. Stickstoffdioxid kann Atemwegserkrankungen verursachen und ist besonders für Asthmatiker gefährlich (siehe Interview).
Aus der neuen vorläufigen Jahresauswertung des Brandenburgischen Landesumweltamtes für 2013 geht nun hervor, dass die Luft in der Großbeerenstraße tatsächlich sauberer geworden ist: So wurde dort erstmals seit Beginn der Messungen im Jahr 2006 der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 im Jahresmittel eingehalten: 38 Mikrogramm wurden dort gemessen. In den Vorjahren schwankte die Belastung im Jahresmittel zwischen 43 und 56 Mikrogramm.
Wenig begeistert vom Tempolimit ist man bei der Interessenvertretung der Autofahrer: „Pauschal bringt das gar nichts“, sagte Jörg Becker vom ADAC Berlin-Brandenburg zu den Tempo-30-Plänen. Der Automobilclub ziehe intelligente Lösungen vor. So könnten die Ampeln etwa auf „Grüne Welle“ geschaltet werden, die den Verkehr in Spitzenzeiten auch auf Tempo 30 drosseln, sofern die Autofahrer über moderne Infotafeln informiert werden. „Das ist natürlich aufwendig“, so Becker.
Eine automatische Ampelsteuerung gibt es in Potsdam bereits: Seit April 2012 versucht die Stadt, die verkehrsbedingte Luftverschmutzung mit einem System aus 50 Messstellen und 30 computergesteuerten Ampeln zu bekämpfen. Die sogenannte umweltorientierte Verkehrssteuerung – besser bekannt als Pförtnerampeln – wurde vom Land mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Auf mehreren Einfallstraßen wird der Verkehrsfluss durch rote Ampeln dosiert, wenn die Schadstoffbelastung steigt. An dem System gibt es wegen häufiger Rückstaus an der Stadtgrenze immer wieder Kritik.
In der viel befahrenen Zeppelinstraße gilt Tempo 50 als Höchstgeschwindigkeit. Die Luft ist nach wie vor schmutzig. Auch im Jahr 2013 ist dort der zulässige Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid überschritten worden. Nach den Daten des Landesumweltamtes lag die Belastung mit NO2 in der Zeppelinstraße im Jahresmittel bei 44 Mikrogramm je Kubikmeter Luft – und damit zehn Prozent über dem Grenzwert. Eingehalten wurde der Grenzwert zuletzt im Jahr 2001.
Die Belastung mit dem giftigen Gas sei im Vergleich zum Vorjahr sowohl auf der Großbeerenstraße als auch auf der Zeppelinstraße zurückgegangen, kommentierte die Stadtverwaltung die Ergebnisse auf PNN-Anfrage. Im Vergleich zu anderen Messstellen in den alten Bundesländern oder Berlin handele es sich nicht um große Überschreitungen. Nun soll geprüft werden, was über die Pförtnerampeln hinaus getan werden kann, so Stadtsprecher Jan Brunzlow.
Die Belastung mit Stickstoffdioxid ist eindeutig auf den Straßenverkehr zurückzuführen. Das Gas entsteht als Verbrennungsrückstand und greift Atemschleimhäute an. Die Werte der sogenannten Hintergrundmessstellen in Groß Glienicke und am Bassinplatz sind dementsprechend niedriger.
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