Landeshauptstadt: Terminstau im Rathaus
Das lange Warten auf Termine in der Kfz-Zulassung und im Bürgerservice hat teils bemerkenswerte Ursachen
Stand:
Gastronom Dino Krüger wollte lediglich ein altes Auto ab- und einen eben gekauften Gebrauchtwagen anmelden. Auf der Internetseite der Stadt unter potsdam.de wollte er für die Kfz-Zulassung einen Termin vereinbaren – das ist seit vergangenem Jahr Pflicht. Doch das System zeigte ihm den nächsten freien Termin erst in vier Wochen. Krüger, der in der Innenstadt den Club Charlotte betreibt, machte seinem Ärger bei Facebook Luft – „bürgerfeindlich“ seien solche Zustände, schreibt er – und erhielt viel Zuspruch.
Und tatsächlich sorgt unter anderem ein Personalengpass derzeit für längere Wartezeiten in der Potsdamer Kfz-Zulassung als gewöhnlich. Das bestätigte die Arbeitsgruppenleiterin für den Bürgerservice im Rathaus, Nicole Prestin, den PNN am Donnerstag. Gerade würden drei neue Kollegen eingearbeitet. Dazu hätten die Feiertage in den vergangenen Wochen die Lage verschärft, da eine ähnliche Zahl an Dienstleistungen in weniger Tagen abgearbeitet werden musste. Auch für den ebenso nur noch mit einem Termin-System arbeitenden Bürgerservice bekam man am Donnerstag per Internet den nächsten freien Termin – etwa zur Beantragung eines Reisepasses – erst am Freitag in einer Woche, wie ein PNN-Test ergab.
Dabei sorgt ein weiterer Umstand für Verwirrung. Denn die Termine, die im Internet angezeigt werden, entsprechen nicht den tatsächlichen freien Zeiten, wie Prestin bestätigte. Für Kunden, die im Rathaus persönlich vorbeikommen, gibt es Extra-Termine, die für die Laufkundschaft verwaltet werden – etwa für eilige Fälle. Im Internet weist sowohl beim Bürgerservice und bei der Kfz-Zulassung lediglich ein kleiner Satz auf dieses System hin: „In der Regel erhalten Sie direkt im Bürgerservicecenter für den gleichen Tag einen Termin, ggf. am nächsten Tag.“ Prestin sagte, sollte die Regelung missverständlich kommuniziert sein, müsse man erneut überlegen, wie sich dies verdeutlichen lasse.
Die beiden Service-Stellen sind in den vergangenen Monaten grundlegend reformiert worden: Das bisherige System, Nummern zu ziehen und zu warten, ist ad acta gelegt – nun müssen sich die Potsdamer vorher einen Termin holen. So könnten auch in Spitzenzeiten lange Wartezeiten vermieden werden, die bislang nachfrageschwächeren Phasen würden stärker ausgelastet, so die Stadt. Kritik kommt von der Linke-Fraktion, die im Stadtparlament eine Rückkehr zum Nummernziehen – bei gleichzeitiger Terminvergabe – erzwingen will. Prestin sagt, bei ihr habe es erst drei konkrete Beschwerden gegeben. In der Vergangenheit war der Bürgerservice auch mehrfach gelobt worden – auch als Gegenbeispiel zum benachbarten Berlin mit extrem langen Wartezeiten.
Dass sich die Potsdamer seit vergangenem September im Verkehrsamt anmelden müssen, spürt man auch im Verkehrsamt von Potsdam-Mittelmark, das in Werder (Havel) angesiedelt ist. Dort ist eine Anmeldung nicht erforderlich. Seit zwei Jahren gibt es eine Kooperation mit der Landeshauptstadt: Potsdamer können ihr Fahrzeug im Landkreis zulassen, Mittelmärker in der Landeshauptstadt. Der im Landkreis zuständige Fachdienstleiter Jörg Schafföner bestätigte den PNN, seit der Umstellung in Potsdam sei ein wachsender Kundenstrom aus der Landeshauptstadt zu beobachten. Von knapp 60 000 Vorgängen seien im vergangenem Jahr über 7000 für Potsdamer bearbeitet worden, Potsdam habe etwa 5500 Vorgänge von Mittelmärkern bearbeitet. In diesem Jahr zeichne sich ein ähnlicher Trend ab. „Im Jahr 2013 war das Verhältnis noch andersrum“, sagte Schafföner. Da seien in Mittelmark 3800 Potsdamer und in Potsdam 5900 mittelmärkische Vorgänge bearbeitet worden. Amtskollegin Prestin verwies darauf, dass sich vor allem aber die Gesamtzahl der bearbeiteten Fälle erhöht habe – trotz Terminvergabe.
Schafföner sagte auch, dass im ersten Quartal wegen Krankheitsfällen und eben steigender Kundenzahlen aus Potsdam der Druck in Werder derartig groß war, dass an einigen Tagen eine halbe Stunde nach Büroöffnung der Markenspender abgestellt werden musste. Gerade professionelle Zulassungsdienste würden sich eher für Werder als Potsdam entscheiden. Informationen von PNN-Lesern, dass Zulassungsdienste am Morgen mehr Wartemarken zogen, als sie benötigten, um sie an Privatkunden zu verkaufen, wollte Schafföner nicht bestätigen. Inzwischen habe sich die Lage beruhigt, weil kranke Kollegen zurückgekehrt seien.
Auch Dino Krüger hat seine Auto-Angelegenheit inzwischen erledigt – nachdem er persönlich vorgesprochen hatte, bekam er einen Termin gegen 14 Uhr. Sein Fazit: „Gerade in Leerlaufzeiten der Verwaltung werden nun Termine gelegt, wo ein normal arbeitender Bürger keine Zeit hat.“
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