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Keine Nostalgie. Eine kleine Auswahl der Plakate.

© dapd

Landeshauptstadt: TERRA NOVA]Plakate muten heute zum Teil kurios an

TERRA NOVA]Tobias Bank aus Wustermark sammelt Relikte aus der DDR – Ausstellung auf der Burg Beeskow/TERRA NOVA]

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TERRA NOVA]Wustermark - Als Kind wollte er unbedingt Archäologe werden, in der Erde buddeln und Verschollenes ans Tageslicht holen. Den Forscherdrang und die Neugier hat sich Tobias Bank bis heute bewahrt. Allerdings sind inzwischen Dachböden, Keller, Trödelmärkte und manchmal auch Sperrmüllberge sein Metier. Der Student des Historischen Instituts Potsdam hat einen richtigen „DDR-Blick“, wie er sagt. „Egal wo ich in Ostdeutschland bin, ich entdecke schnell, was noch aus Vorwendezeiten stammt“, erzählt der 26-Jährige aus Wustermark.

Plakate, Münzen, Orden, Auszeichnungen, Urkunden, Fotos, Fahnen, Wimpel, Wandteppiche, Porzellanbüsten von Funktionären und beschriftete Gläser haben es Bank besonders angetan, sodass er sie zu sammeln begann. Zunächst war es nur ein alter Koffer voll, dann füllten sich weitere. Wie viele Objekte aus DDR-Zeiten er bisher vor der Müllhalde rettete, hat der Sammler nicht gezählt. Er sagt nur: „Ich musste inzwischen einen Lagerraum anmieten.“ 35 Plakate aus seiner Sammlung, die sich mit dem Arbeitsschutz in der DDR befassen, zeigt Bank auf der Burg Beeskow. Unter dem Motto „Schütze Deine Arbeitskraft!“ sind bis 28. Mai teils kurios anmutende Beispiele sogenannter Sichtwerbung zu sehen, mit der Werktätige zu Achtsamkeit und Umsicht erzogen werden sollten. „Vorsicht beim Umgang mit Propan“ oder „Diszipliniert auf Alkohol verzichten“, heißt es da etwa. Diese Plakate wurden nach Banks Recherchen vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) oder der Staatlichen Versicherung der DDR in Auftrag gegeben und von freischaffenden Gebrauchsgrafikern umgesetzt.

Angefangen hat Banks Sammelleidenschaft vor 14 Jahren. Nach der Wende eingeschult, hat der gebürtige Berliner selbst keine eigenen Erinnerungen mehr an die DDR. „Als meine Schule umziehen musste, wurden auch die Keller ausgeräumt. Und da lagen all die Utensilien auf großen Haufen, die mich neugierig machten“, erinnert er sich. Bank hob auf, was er für wichtig hielt. „Meine Eltern beobachteten das skeptisch. Zumal sie auch viel aus den vergangenen Zeiten wegwarfen und ich die Sachen heimlich wieder aus dem Müllschlucker holte“, gesteht der 26-Jährige. Warum es ihm gerade jene Gegenstände und Dokumente angetan haben, die als Auszeichnung für besondere Verdienste in der DDR gedacht waren, liegt für Bank auf der Hand. „Sie waren das Besondere innerhalb des Alltäglichen, Sachen, die nicht in hoher Stückzahl produziert wurden und die nach dem Mauerfall erfahrungsgemäß als erstes weggeworfen wurden“, sagt der Sammler. Seine erste Ausstellung gestaltete Bank zur Jahrtausendwende – noch privat für seinen Bekanntenkreis. „Viele Freunde ermunterten mich daraufhin, damit an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt der Student. Das tat er dann vor sechs Jahren im Kulturhaus von Falkensee. Die Reaktionen, die er von Besuchern seiner inzwischen zahlreichen Ausstellungen bekam, seien positiv. Bank glaubt auch zu wissen, warum: „Ich stelle das Objekt in den Mittelpunkt, maximal noch seine Geschichte in Kurzform. Die Interpretation aber überlasse ich jedem Betrachter selbst“, betont er.

Bei Schülern und Studenten hingegen, die die DDR nicht mehr aus eigenem Erleben kennen, müsse er viel mehr erklären, sagt Bank. „Die wissen erschreckend wenig. Dabei geht es um einen Teil der deutschen Geschichte, der heute am meisten politisiert und diskutiert wird“, meint er.

Jegliche Art von Nostalgie weist der Zeitgeschichts-Student weit von sich. „Mir geht es darum, einen historischen Zeitabschnitt näher zu beleuchten, gerade weil aus dieser Epoche so viel verloren gegangen ist“, sagt er. Auf Burg Beeskow ist der junge Politikwissenschaftler kein Unbekannter. Vor einem Jahr zeigte Bank hier bereits seine Kollektion von 250 Porzellan-Medaillen und -Büsten.

Schließlich zeige die Burg oft Kunst aus der DDR, bei der die Arbeitswelt eine große Rolle spielte. Und Plakate seien auch eine Kunstform.Bernd Kluge

Bernd Kluge

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