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Von Henri Kramer: Tierheim-Neubau erneut verschoben

Vergabekammer lässt Teile des Ausschreibungsverfahrens wiederholen und sieht Fehler bei der Stadt / Scharfenberg attackiert Jakobs

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Der Bau eines neuen Tierheims für Potsdam verschiebt sich voraussichtlich um mehrere Monate. Eine aktuelle Ausschreibung für Neubau und Betrieb des Heims, das bis Sommer 2011 fertig sein sollte, muss die Stadtverwaltung nun nach Willen der brandenburgischen Vergabekammer in wichtigen Teilen wiederholen.

Die Kammer, die beim Wirtschaftsministerium Brandenburg über Beschwerden gegen Auftragsvergaben der öffentlichen Hand entscheidet, hat der Verwaltung mitgeteilt, die Ausschreibung auf den „Stand vor Versendung der Verdingungsunterlagen“ zurückzusetzen. Das heißt: Die Stadt muss nachbessern, aber den Auftrag für das Tierheim nicht komplett neu europaweit ausschreiben. „Das Verfahren und unsere Idee, das Tierheim mit einem Sozialprojekt für Menschen mit Betreuungsbedarf zu koppeln, haben Bestand“, so Stadtsprecherin Rita Haack.

Doch wegen des Sozialprojekts hat die Vergabekammer nun – nach einer Beschwerde des Potsdamer Tierschutzvereins (TSV) – die Ausschreibung zunächst gestoppt. „Die Stadt hätte stärker deutlich machen müssen, was sie mit dem Sozialprojekt eigentlich erreichen will“, sagte Steffen Streu, Sprecher im Wirtschaftsministerium. So sei bei der Ausschreibung unklar geblieben, welche Bedürftigen konkret in dem Projekt betreut werden sollen. „Die Stadt kann jetzt nachbessern.“

Für die Verwaltung kam die Nachricht gestern überraschend. „Wir hatten extra auf eine Konkretisierung der Personengruppen für das Sozialprojekt im Sinne der Träger- und Leistungsvielfalt verzichtet – bewusst im Sinne des Wettbewerbs“, erklärte Sprecherin Haack. Die Verwaltung werde die Konsequenzen aus dem Kammerbeschluss prüfen und sich mit den Stadtverordneten im Hauptausschuss am kommenden Mittwoch verständigen. Dann ist auch die zuständige Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) aus dem Urlaub zurück. Wenig zurückhaltend reagierte gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD): „Ich bin stinksauer.“ Die Stadt habe für das Verfahren externe juristische Berater beauftragt, die das Verfahren geprüft hätten, sagte er den PNN.

Das Thema Tierheim verfolgt die Stadt. 2008 war eine Ausschreibung für einen Neubau abgebrochen worden, weil die Bewerber nur Angebote jenseits der Stadtgrenze abgaben. Die aktuelle Ausschreibung war bereits in diesem Winter entschieden, der Verein Tiertafel und der Sozialträger Treberhilfe hatten gewonnen. Doch wegen einer Finanzaffäre bei der Treberhilfe brach die Stadt alle Gespräche ab, das Verfahren wurde wieder zurückgedreht. Danach bewarb sich der TSV. Die Verwaltung nahm den Verein aber aus dem Verfahren – wegen „nicht vollständig erfüllter Ausschreibungsvoraussetzungen“. Das Verhältnis zwischen Verwaltung und TSV gilt als gestört, seit die Stadt dem Verein Ende 2007 das frühere Tierheim am Wildpark entzogen hatte.

Den neuerlichen Rückschlag für ein Tierheim nutzte Oberbürgermeisterkandidat Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) für scharfe Kritik an seinem Kontrahenten Jakobs: „Er hat schwere Fehler gemacht.“ Bereits für dieses Jahr sei ein Tierheim eigentlich zugesagt gewesen. „Wir haben immer gesagt, dass das angekoppelte Sozialprojekt ein Hindernis ist.“ Diese Idee müsse fallen gelassen werden. Auch den von der Verwaltung avisierten Standort Eiche stellte Scharfenberg infrage: „Wenn dort Probleme auftreten, gibt es sicher auch anderswo Möglichkeiten.“ In Eiche kämpft eine Bürgerinitiative gegen die Tierheim-Pläne.

Der TSV bezeichnete sich in einer Mitteilung gestern als „bester Partner“ der Stadt für die Betreuung von Fundtieren. Zugleich griff er die Verwaltung an: Nach dem Ende des Tierheims seien dem Verein mehr als 150 000 Euro Schaden entstanden. „Herr Jakobs und Frau Müller haben der ehrenamtlichen Arbeit des TSV in gröbster Weise geschadet.“ Nun hoffe man aber auf einen „Neuanfang“.

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