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Nerven behalten. Akrobatik gehört dazu beim Dinner for Fun.

© Andreas Klaer

Von Erik Wenk: Trommel-Jonglage zwischen gefüllten Kartoffeltaschen

Ein Abend hinter den Kulissen des Varieté-Schmankerls „Dinner for Fun“ im Volkspark

Stand:

86 Teller stehen in der mobilen Küche des „Dinner for Fun“-Zeltes – so viele Gäste sind an diesem Abend da und warten bereits auf die Vorspeise: Dorsch im Wirsingmantel mit gefüllten Kartoffeltaschen, Pastete, Rotkohl und Salat. Das muss so frisch wie möglich zubereitet und für alle Gäste gleichzeitig serviert werden – genau wie die anderen drei Gänge, die in den kommenden drei Stunden noch folgen werden. Nicht nur das Essen, sondern auch die unzähligen Teller müssen warm sein, damit die Speisen nicht erkalten. Genau zwei Köche müssen diese Aufgabe stemmen – und es klappt: Chefkoch René Reinschke arbeitet schnell, aber nicht hektisch. Alles eine Frage der Vorbereitung: „100 Teller kriegen wir in sechs Minuten hin. Wer kurzfristig die vegetarische Alternative möchte, bekommt sie auch“, sagt der 31-Jährige.

„Dinner for Fun“, das ist eine abendfüllende Show mit Variete, Musik und einem exquisiten Vier-Gänge-Menü – „Verzehrtheater“, wie Leiterin Sabrina Bienas es nennt. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, welche logistischen Herausforderungen bewältigt werden müssen, um das ungewöhnliche Konzept Abend für Abend auf die Beine zu stellen.

Hinter der Biosphäre am Buga-Park öffnet sich das große, gut beheizte Zelt für maximal 100 Besucher, die von den Artisten empfangen werden: Schwarzer und roter Samt dominieren das Innere, ein Grammofon steht an der Bar, daneben Stilmöbel, herrlich kitschige Kronleuchter sorgen für gemütliches Licht, 20er-Jahre-Musik durchzieht das nostalgisch-plüschige Ambiente – „Cabaret“ kommt einem in den Sinn. Ein Dutzend Künstler sorgen zwischen den Gängen für artistische Unterhaltung, Comedy und Musik: Während des zu „Alles ist perfekt“ umgedichteten Evergreens „New York, New York“ geht alles mögliche schief, Josefine Kaselowsky bezaubert mit ihrer Tuchakrobatik, der Schweizer Eddy Carello beeindruckt mit einer Trommel-Jonglage. Während der halbstündigen Show-Blöcke wird in der Küche routiniert das Geschirr vom vorigen Gang abgeräumt und abgewaschen, während der nächste vorbereitet wird. Die Koordination muss stimmen: Wer hilft in der Küche, wer ist auf der Bühne, wer serviert? Kellner gibt es nicht. „Das machen alles die Artisten“, so Reinschke. Die Arbeit beim „Dinner for Fun“ ist ein Fulltimejob: „Zeltaufbau, -abbau, Service, Abwasch. Alle machen alles“, so Bienas. Obwohl es nicht ganz einfach ist, dafür die passenden Artisten zu finden, wollen sie jedes Jahr nicht nur ein neues Menü, sondern auch ein neues Programm mit neuer Crew auf die Beine stellen.

Dinner for Fun überwintert nun schon das zweite Mal seit seiner Gründung 2009 in Potsdam, denn anders als vergleichbare Shows wie „Palazzo“ oder „Pomp, Duck and Circumstance“ ist „Dinner for Fun“ nicht ortsgebunden, sondern wechselt wie ein kleiner Zirkus mit der ganzen Ausrüstung je nach Saison den Standort. Artisten sind dies vielleicht gewohnt, Köche hingegen weniger. Doch René Reinschke kann bereits auf Erfahrungen als Mietkoch zurückblicken und liebt die Herausforderung: „Es ist das Beste, was ich bisher gemacht habe.“

Der normale Arbeitstag muss gut geplant sein: „Die größte Schwierigkeit bei der Organisation ist, dass der Tag zu kurz ist“, sagt Sabrina Bienas. Die Vorstellungen beginnen um 19.30 Uhr, um 17.00 Uhr machen sich die Artisten fertig. Die Vorbereitung für das Essen fängt meist schon am Vormittag an. Dafür ist der Nachhauseweg nicht lang: Gleich hinter der Küche steht man vor acht verschneiten Wohnwagen. „Wie zu Hause, nur etwas kleiner“, meint Reinschke. „Wir haben hier alles, was wir brauchen. Man lebt zusammen wie eine große Familie. Wenn abends die Gäste weg sind, setzen wir uns alle noch mal hin und essen zusammen.“ Das ist meist spät: „Ein normaler Tag endet um 3 Uhr, um 9 Uhr stehe ich auf und da klingelt meist auch schon das Telefon“, sagt Bienas, die sich allein um Kartenverkauf, Buchhaltung, das Aushandeln der Standorte und natürlich um die Finanzen kümmert. Gerade jetzt muss das große Zelt natürlich über Stunden warm bleiben – und das ist es auch. „Solange wir ausgelastet sind, rechnet sich das mit den Heizkosten. Wenn es nur halb voll ist, ist das natürlich nicht so gut“, so Bienas.

Dennoch, trotz Temperatursturz und Schneechaos kann Bienas nicht klagen: „Die Resonanz ist sehr gut. Im Dezember sind wir wegen vieler Weihnachtsfeiern sehr gut ausgelastet.“ Den Hauptanteil der Kundschaft machen Familien oder Betriebsfeiern aus. Letztes Jahr blieb „Dinner for Fun“ sogar etwas länger in Potsdam als geplant: „Wir waren völlig eingeschneit und mussten ein Gastspiel in Straußberg absagen. Ich hoffe, dass das dieses Mal nicht passiert“, meint Bienas. Möglich wär’s, aber ansonsten haben die Potsdamer dann noch etwas länger Gelegenheit für ein „Dinner for Fun“.

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