Landeshauptstadt: Trotz Kritik: Bereitschaftpraxis soll bleiben
Kassenärztliche Vereinigung für Fortsetzung des Modellprojekts am St. Josefs. Niedergelassene Ärzte beklagen Konkurrenz
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Das Modellprojekt der Bereitschaftsdienstpraxis am St. Josefs-Krankenhaus soll über den September hinaus weiterbetrieben werden. Das sagte Hans-Joachim Helming, der Vorstandschef der für die Praxis verantwortlichen Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVB), den PNN auf Anfrage. „Ich kann mir eine Fortsetzung gut vorstellen“, so Helming. Im September – bis dahin war das Modellprojekt zunächst befristet – sollten Details auf einer Pressekonferenz dargestellt werden, kündigte er an. Dabei wird es auch darum gehen, ob das Modell auf andere Landkreise in Brandenburg ausgeweitet wird.
In Teilen der Potsdamer Ärzteschaft, speziell bei Ärzten im Umfeld des St. Josefs, ist die Praxis freilich umstritten. Denn gerade junge Ärzte fürchten, dass ihnen dadurch Patienten verloren gehen. Grund sind die Öffnungszeiten der Bereitschaftspraxis ab 17 Uhr an allen Werktagen. Einer der Wortführer ist der Allgemeinmediziner Reinhard Schleuß aus Potsdam-West. Er sagt, der Rückgang von Patienten gerade ab 17 Uhr sei bereits spürbar. Der KVB wirft er Wettbewerbsverzerrung vor – auch weil der Verband für die Praxis umfangreich Werbung betrieben hätte. Selbst in Arztpraxen hätte für die neue Praxis geworben werden sollen – also für die aus Sicht von Schleuß neue Konkurrenz. Auch die Bereitschaftsdienste am Wochenende, die vorher auf viele Praxen verteilt waren, würden nun von einer einzigen Einrichtung übernommen. Schon im Vorfeld der Eröffnung der Praxis hatte der Verband der Freien Ärzteschaft kritisiert, mit der Praxis entstehe „ein Angebot, bei dem keine innerstädtische Praxis mithalten kann.“ Gewarnt wurde vor einer „bedrohlichen wirtschaftlichen Konkurrenzsituation“ für andere niedergelassene Ärzte.
Helming widerspricht dieser Kritik. So eine Praxis sei in anderen Bundesländern längst Normalität. Dass das in Brandenburg insbesondere für den ländlichen Raum geschaffene Modell ausgerechnet in einer Stadt wie Potsdam etabliert wurde, liege zum Beispiel an den übervollen Rettungsstellen im Klinikum und auch am St. Josefs gerade in den Zeiten, in denen normale Arztpraxen geschlossen hätten. Auch das Argument der Wettbewerbsverzerrung sieht Helming nicht: So habe die Praxis am St. Josefs an einzelnen Werktagen nur durchschnittlich fünf Patienten und komme vor allem durch die Wochenenden auf insgesamt rund 125 in der Woche. Diese Zahl teilt er durch die handvoll Kritiker und kommt auf etwa 20 bis 25 Patienten, die potentiell pro Woche fehlen könnten. An dem niedrigen Ergebnis sei ablesbar, dass keine Wettbewerbsverzerrung vorliege. „Die Kritik ist für uns nicht nachvollziehbar.“ Dazu hätten die meisten Ärzte, einschließlich Kritikern wie Schleuß, an Freitagen und auch weiteren Tagen unter der Woche nicht einmal bis Nachmittag geöffnet, so Helming. Insofern sei die neue Praxis im Sinne der Patienten richtig. Ende August wolle man die Kritiker ein drittes Mal zu einer Diskussion einladen, kündigte der KVB-Chef an. Der Masse der Ärzte in Potsdam sei die neue Praxis aber ohnehin egal, erklärte Helming wörtlich.
Die Bereitschaftsdienstpraxis hat Anfang des Jahres ihren Dienst aufgenommen. Sie hat von 8 bis 20 Uhr an Wochenenden und Feiertagen sowie von Montag bis Freitag zwischen 17 und 20 Uhr geöffnet. Patienten sollen medizinische Versorgung bei akuten, aber nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen erhalten.
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