
© Andreas Klaer
Von Kay Grimmer und Henri Kramer: Tumult um Karli-Sanierung
Stadtverordnete mit Mehrheit gegen Antrag, Sanierung billiger zu gestalten / SV Babelsberg und Turbine Potsdam erklären Baukonzept
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Breitensport gegen Spitzensport – der Streit um die Sanierung des Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadions hat im Stadtparlament zu eklathaften Szenen geführt. In einem verbalen Rundumschlag erregte sich Lutz Boede als Chef der Wählergruppe Die Andere darüber, dass angeblich die „Hälfte“ der Mitglieder in der Stadtverordnetenversammlung „befangen“ sei. Unter anderem warf er dem Potsdamer SPD-Chef Mike Schubert während der Sitzung am späten Mittwochabend „Lügen“ vor.
Der Anlass für den Ausbruch des Alternativ-Politikers Boede: Ein Antrag seiner Wählergruppe, der im Stadtparlament zu scheitern drohte. Die Andere hatte beantragt, die mit acht Millionen Euro veranschlagte Sanierungssumme für das „Karli“ noch einmal zu prüfen und bei dem geplanten Bau-Vorhaben weniger auf "Luxus" zu setzen. Für dabei eingesparte Gelder sollen laut Boedes Meinung mehr Trainingsplätze entstehen. Den Fachausschuss für Sport hatte er davon in der vergangenen Woche überzeugen können – doch in der Stadtverordnetenversammlung wurde Boedes Antrag schließlich mit breiter Mehrheit abgelehnt.
Nach den turbulenten Szenen im Stadtparlament entschlossen sich gestern die beiden Nutzer des Stadions, der SV Babelsberg 03 und Turbine Potsdam, noch einmal die Notwendigkeit der Sanierungsmaßnahmen deutlich zu machen. „Das ist keine Luxussanierung“, erklärte Frank Marczinek, der Bauherrenvertreter von Babelsberg 03. Die Zahlen, mit denen Boede arbeite, seien allenfalls erste Schätzungen, „zum Teil auch schon überholt“, so Marczinek. So solle die Sanierung des Hauptgebäudes nur noch 1200 Euro pro Quadratmeter kosten und nicht mehr 2600 Euro wie anfangs veranschlagt. „Im Januar, wenn nach der Architektenplanung das Ausschreibungsende der Handwerkerleistungen mit den Angeboten vorliegt, werden die Zahlen wirklich konkret“, so 03-Geschäftsführer Ralf Hechel. Geplant sind bis 2011 neben einer Gebäude- und Haupttribünensanierung, unter anderem der Bau eines Kunstrasenplatzes, neue Anlagen für Beschallung, Beleuchtung und Bewässerung sowie eine Videoüberwachungsanlage. Letzteres empört Boede besonders.„Aber das schreibt die DFB-Richtlinie zur Verbesserung der Sicherheit in Stadien im Paragraph 10 vor“, sagte Hechel.
Auch Vorwürfe, die für die Sanierung angegebenen Kostenschätzungen seien überhöht, versuchten Marczinek und 03-Geschäftsführer Ralf Hechel gestern zu entkräften. Etwa bei der Rasenheizung, die rund 800 000 Euro kosten soll. „Vielleicht hat Union Berlin die Rasenheizung für 500 000 Euro erhalten, dort halfen allerdings auch 2000 Fans unentgeltlich beim Einbau und der gesamten Sanierung des Platzes mit.“
Der Ansicht von Boede, die Stadion-Sanierung sei für einen Viertligisten wie Babelsberg an sich übertrieben, entgegnete der Geschäftsführer des Frauen-Bundesligisten Turbine Potsdam, Mathias Morack. „Ständig wird hier nur von Babelsberg gesprochen. Die Fußballfrauen spielen hier in der höchsten Liga und immer wieder in europäischen Wettbewerben. Wir brauchen europäische Standards allein für den Frauenfußball.“ Morack wies auch darauf hin, dass „es laut Platzeck ohne Turbine Potsdam keine Fördermillionen für das Karl-Liebknecht–Stadion gegeben hätte“. Jedoch gehört etwa eine Rasenheizung weder beim Bundesligist Turbine Potsdam noch bei einem Viertligisten zu den notwendigen DFB-Auflagen, räumten beide Vereins-Vertreter ein. „Allerdings schreibt der DFB davon, dass es bei dieser Regelung noch bis zur Saison 2010/2011 bleiben wird“, so Hechel. Wer aber „die Altherrenriege kennt“ und zwischen den Zeilen lese, der wisse, dass „die Rasenheizung ab 2011 zum Standard erhoben werden kann“, so Hechel.
Mit solchen Argumenten hatte auch SPD-Chef Schubert im Stadtparlament agiert – was ihm den Lügenvorwurf Boedes einbrachte. Doch Schubert keilte zurück: Boede wolle als Trainer des Amateur-Vereins Concordia Nowawes nur mehr Plätze für die Spieler: „Sie wollen selbst ihre Interessen durchsetzen.“
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