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Landeshauptstadt: U-Haft wegen Fluchtgefahr

Wegen Kindesmissbrauchs angeklagter Ex-Lokalpolitiker hinter Gittern

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Ein wegen schweren sexuellen Missbrauchs an seiner Nichte angeklagter ehemaliger Lokalpolitiker befindet sich seit Dienstag in Untersuchungshaft. Wie das Landgericht Potsdam auf PNN-Anfrage mitteilte, ist der Haftbefehl gegen den 54-jährigen Potsdamer Klaus-Dieter B.* wieder in Vollzug gesetzt worden. Die zuständige sechste kleine Strafkammer habe den Haftgrund Fluchtgefahr angenommen, so eine Gerichtssprecherin.

Schon im Juni 2013 musste sich B. deswegen vor dem Amtsgericht verantworten. Er wurde seinerzeit wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Doch sowohl die Staatsanwaltschaft als auch er legten Berufung ein. Erstere, weil ihr das Strafmaß zu niedrig erschien, Letzterer, weil er die Vorwürfe nach wie vor bestreitet.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, seine Nichte Sandra E.* über Jahre hinweg sexuell missbraucht zu haben. Als die Übergriffe begonnen haben sollen, war das Mädchen noch im Vorschulalter. Von unerwünschten Berührungen, Küssen sowie Geschlechtsverkehr war in der Gerichtsverhandlung am Potsdamer Landgericht die Rede. Passiert sein soll das alles in den Jahren 1993 bis 2002 bei Besuchen des Angeklagten im Haus der Familie seiner Schwester im schweizerischen Aeugst bei Zürich. Klaus-Dieter B. lebt nach eigenen Angaben seit 2008 in Potsdam und hatte sich vor dem Prozess gegen ihn für die CDU in der Lokalpolitik engagiert. Die schweizerischen Behörden hatten den Fall an die Potsdamer Staatsanwaltschaft abgegeben.

An den ersten beiden Verhandlungstagen des im April begonnenen Berufungsprozesses hatte das Gericht unter anderem die heute 26-jährige mutmaßlich Geschädigte sowie deren Mutter – die Schwester des Angeklagten – als Zeugen gehört. Während der Aussage des mutmaßlichen Opfers mussten der Sachverständige, der Angeklagte sowie die Öffentlichkeit den Saal verlassen. Inwiefern die Vorwürfe des mutmaßlichen Opfers glaubhaft sind, war dabei umstritten. Die Verteidigung – B. wird vom prominenten Münchner Strafverteidiger Claus Pinkerneil vertreten – zweifelte die Sachkunde des vom Gericht bestellten Gutachters an, der die Vorwürfe als glaubhaft eingeschätzt hatte. Sie verlangte, dass ein selbst gewählter Gutachter Sandra E. erneut befragen kann. Das lehnte das Gericht ab, weil dazu die Zustimmung der heute 26-Jährigen fehle.

Am dritten Verhandlungstag vor dem Landgericht habe nun die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gefordert, hieß es. Das übersteige jedoch die Strafgewalt der kleinen Strafkammer. Das bedeutet, dass das Verfahren vor der kleinen Strafkammer beendet ist. Die weiteren angesetzten Termine finden also nicht statt. Die große Strafkammer übernehme nun das Verfahren und werde demnächst neue Termine ansetzen, so eine Gerichtssprecherin. Der Prozess verzögert sich damit. Ursprünglich war der letzte Verhandlungstag für den 13. Mai angesetzt worden. (* Name geändert) Marco Zschieck

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