Von Henri Kramer: Uferstreit kein Thema für Staatsanwälte
Die meisten Strafanzeigen, die im Uferkonflikt am Groß Glienicker See gestellt werden, bleiben folgenlos
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Groß Glienicke - Für die Masse der Strafanzeigen, die bei den Auseinandersetzungen um einen freien Uferweg am Groß Glienicker See gestellt werden, sieht sich die Potsdamer Staatsanwaltschaft nach PNN-Recherchen offensichtlich nicht zuständig. Dieser Zeitung liegen mehrere Einstellungsbescheide der Justizbehörde vor, die etwa Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch oder Nötigung betreffen – und die allesamt mit dem aktuellen Uferkonflikt in Verbindung stehen.
Wie berichtet, hat es seit der Sperrung erster Stellen des umstrittenen Uferwegs Ende März rund 80 Strafanzeigen gegeben. Etwa 60 davon sind Anzeigen wegen Hausfriedensbruch, die Anwohner gegen Personen gestellt haben, die gesperrte Teile des Wegs betraten und damit nach Lesart der Uferanrainer ihr Eigentum verletzten. So eine Anzeige hat es zum Beispiel gegen den Groß Glienicker Wolfgang B. gegeben, der Ende April bei einer Demonstration für einen freien Uferweg ein mit Flatterband gesperrtes Grundstück betrat. Polizisten schrieben ihn auf, eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch ging zur Staatsanwaltschaft. „Wir haben den Fall inzwischen eingestellt und den Anzeigenerstatter auf den zivilrechtlichen Weg verwiesen“, sagte gestern Ralf Roggenbuck, Sprecher der Staatsanwaltschaft, den PNN auf Anfrage. Laut der Behörde gäbe es kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Jedoch könne nach dem Versuch einer gütlichen Beilegung eine Privatklage erhoben werden.
Roggenbuck betonte, dies sei ein „Einzelfall“, jede einzelne Anzeige müsse einzeln bewertet werden. So gibt es laut der Behörde auch keine Statistik über die Ergebnisse der „Uferstreit Groß Glienicke“-Verfahren. Allerdings legen weitere Einstellungen in ähnlich gelagerten Fällen nahe, dass die Staatsanwaltschaft die Linie verfolgt, den juristisch schwierigen Uferstreit nicht auch zum Fall für die Strafjustiz werden zu lassen und die Anzeigen daher als Privatangelegenheit deklariert.
So sind umgekehrt auch mehrere Strafanzeigen gegen sperrende Anwohner eingestellt worden – allein vier davon hatte der Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel gestellt. Es ging um Vorwürfe der Nötigung, um angeblich gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr sowie den Verstoß gegen das Naturschutzrecht. Letzteres Verfahren leitete die Staatsanwaltschaft an die Potsdamer Naturschutzbehörde weiter, alle anderen wurden wegen Geringfügigkeit oder dem Fehlen einer strafbaren Handlung beendet.
Ähnlich wie jetzt ist die Staatsanwaltschaft schon 2007 verfahren. Damals wurde Menzel von einem Uferanrainer etwa wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung angezeigt. Es ging um einen Zaunbau im Uferbereich, den Menzel verhindern wollte. Alle Verfahren wurden eingestellt – inklusive der Strafanzeige von Menzel gegen den Anrainer wegen des Vorwurfs der falschen Verdächtigung.
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