Landeshauptstadt: Unerträglich

Laufen um Aufmerksamkeit für die Krankheit, an der 2009 auch sein Vater gestorben ist – für Robert Kik ist das momentan ein Bedürfnis. Seit dem ersten Juni ist er etwa 1500 Kilometer durch Deutschland gelaufen, um mit möglichst vielen Menschen über die Amyotrophe Lateralsklerose – kurz ALS – zu sprechen. Gestern traf er sich mit zwei Potsdamern, die seit Jahren mit der Krankheit leben.

ALS ist relativ unbekannt – dabei gibt es mit dem britischen Physiker Stephen Hawking einen weltbekannten Betroffenen. Die Krankheit erwischt meist Männer und äußert sich in einer fortschreitenden und irreversiblen Schädigung oder Rückbildung der Nervenzellen, die für sämtliche Muskelzellen verantwortlich sind. Manche Betroffene leben nach der Diagnose nur wenige Monate, andere viele Jahre. Der 47-jährige Robert Kik aus der Gegend um Recklinghausen hat unterwegs viele Menschen getroffen, die noch nie was von ALS gehört haben – darunter sogar Ärzte, sagt er.

Der Potsdamer Jan Grabowski weiß seit 2004, dass er ALS hat. Der 47-Jährige kann noch unter großer Anstrengung sprechen und Nahrung zu sich nehmen. Birger Westphal dagegen ist komplett bis auf seine Augen gelähmt. Er muss beatmet werden und wird über eine Magensonde ernährt. Ein Bier oder Kaffee über einen Schlauch eingeführt bereitet ihm trotzdem ein wenig Genuss, sagen seine Pfleger. Westphal erinnert sich an die erste Zeit mit der Krankheit: Er war Manager einer Spezialschlösserfirma und empfand die Diagnose als sein Todesurteil. Drei Jahre später konnte er nicht mehr arbeiten. „Ich musste ein Geschäftsessen nach dem anderem absagen nur weil ich die Hände zu Begrüßung nicht hochbekam! Unerträglich!“, sagt er heute. Sprechen kann er allerdings nur über einen Computer – montiert auf ein Gestell, das ihm seine ehemaligen Arbeitskollegen für den Rollstuhl gebaut haben.

Die Versorgung mit Hilfsmitteln von der Krankenkasse funktioniere in Potsdam gut, sagen Jan Grabowski und Birger Westphal. Robert Kik hofft, dass sich endlich die Forschung der Krankheit ALS verstärkt zuwendet. Steffi Pyanoe