zum Hauptinhalt

Links und rechts der Langen Brücke: „Union“

Sabine Schicketanz über die nur vermeintliche Geschlossenheit der Potsdamer CDU

Stand:

Das ist kein Sieg – es ist eine Fast-Abwahl: Nur sechs Stimmen Vorsprung blieben Katherina Reiche am Freitagabend im Duell um den Chef-Posten in der Potsdamer CDU, wichtig für ihre Stellung in der Landespartei, für eine erneute Kandidatur für den Bundestag. Von einem Warnschuss der Partei an die Vorsitzende kann da keine Rede mehr sein. Eher von einem gescheiterten Putsch, angeführt von Andreas Ehrl. Dass der Unternehmer und Ex-Wasserballer, der bisher politisch kaum in Erscheinung getreten ist, der seine Kandidatur erst drei Tage vor dem Parteitag bekannt gegeben hatte, auf Anhieb knapp 50 Prozent der CDU-Stimmen bekommt: Darin liegt politische Sprengkraft. Zwar sind Potsdams Christdemokraten traditionell zerstrittenen, gehen Wahlen seit jeher knapp aus und die Lager nicht zimperlich miteinander um – doch dass der Riss so tief geht, war nach Monaten relativer Ruhe so nicht zu vermuten.

Stets hatte Reiche die Geschlossenheit des Kreisverbandes beschworen, selbst das desaströse, weit hinter den Erwartungen gebliebene Ergebnis der CDU-Kandidatin bei der jüngsten Oberbürgermeisterwahl blieb öffentlich nahezu folgenlos. Jetzt scheint klar: Dafür ist nicht die Einigkeit der Partei verantwortlich. Stattdessen agiert Kreischefin Reiche aus einem Machtzentrum heraus, das anderen wenig bis keinen Spielraum zu lassen scheint. Öffentliche Kritik ist tabu. Dass Gegenkandidat Ehrl seinen Entschluss erst kurz vor der Wahl bekannt machte, spricht Bände: Warum sollte er sonst freiwillig die Chance auslassen, wie sonst üblich in den Ortsverbänden für sich zu werben?

Will die CDU in Potsdam wieder politische Relevanz und Wählerstimmen gewinnen, muss die neue, alte Kreischefin scharf und glaubwürdig umsteuern. Schon länger drängt sich der Eindruck auf, dass das Agieren der CDU-Protagonisten lediglich auf den inneren Machterhalt ausgerichtet ist. Politische Inhalte sind Mangelware, selbst der kleinste gemeinsame Nenner - die christlichen Werte - scheinen der „Union“ abhanden gekommen zu sein im Poker um Macht, Posten, Töpfe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })