
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: „Unser Pfund ist das Lokalkolorit“
Enrico Schulze über den Messestandort Potsdam, die Metropolishalle und weiteres Wachstumspotenzial
Stand:
Herr Schulze. Vor einem Jahr ist die Messe Potsdam an einen neuen Standort gezogen. Wie bewerten sie den Umzug weg aus der Innenstadt in die Babelsberger Metropolishalle?
Es ist ein enormer Schritt für uns und wir freuen uns, dass Friedhelm Schatz als Hallenbetreiber dieses Risiko auf sich genommen hat. Für uns als Messegesellschaft ist die Halle qualitativ ein Fortschritt. Sie ist ein zentraler Punkt, den wir konsequent bewerben können. Sie besitzt alle notwendigen technischen Voraussetzungen und ausreichend Parkplätze. Sie hat also alles, was wir in den Zelten am Lustgarten nicht hatten. Aber es sind nur 4000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, alle stellen sich das immer viel größer vor. Bei der Automobilmesse haben einige Besucher gefragt, wo die anderen drei Hallen sind.
Das klingt nicht rundum zufrieden.
Natürlich gibt es Meinungsverschiedenheiten, aber zu 95 Prozent funktioniert unsere Kooperation wunderbar. Herr Schatz hat seine Interessen, wir haben unsere. Aber wir kennen uns schon länger und die Zusammenarbeit macht Spaß. Jetzt haben wir eine Dreijahresvereinbarung bis Ende 2011 und wollen uns in den nächsten Monaten hinsetzen, um die Schritte für die Zeit danach zu planen.
Sind die Überlegungen einer Messe- und Veranstaltungshalle auf dem früheren RAW-Gelände damit beendet?
Wir würden uns gerne wieder mehr mit dem zusätzlichen Standort beschäftigen, denn wir stoßen in der Metropolishalle mit vier bis fünf der Messen bereits an die Kapazitätsgrenzen. Aber im Moment sieht es nicht so aus, als ob uns Herr Semmelhaack die Türen einrennt. Jetzt organisieren wir noch knapp 30 Messen in der Metropolishalle und werden sehen, wie sich alles entwickelt.
Gibt es weitere Alternativen, vielleicht die zum Verkauf stehende Schinkelhalle in der Schiffbauergasse?
Nein, es gibt nur die beiden Varianten. Die Schinkelhalle ist zu klein und die Schiffbauergasse ist auch nicht der bevorzugte Standort für uns. Ich weiß nicht, wie dort an zwei Tagen bis zu 6000 Leute hin sollen. Allein genug Parkplätze sind unheimlich wichtig für uns, denn wir müssen als Messe über den Standort Potsdam hinaus denken. Wir brauchen den Einzugsbereich von 100 Kilometern, Berlin ausgenommen. Denn wir werden es nicht schaffen, Berliner nach Potsdam zu ziehen. Dort gibt es genug Messen mit einem lokalen und nationalen Bezug. Es macht also keinen Sinn, uns in Konkurrenz bringen, denn dann werden wir verlieren. Wir müssen mit dem Pfund arbeiten, Landeshauptstadt des Landes Brandenburg zu sein. Der Lokalkolorit ist die einzige Möglichkeit, sich in der Region zu verankern.
Gehen sie auf Berliner Messen wie die Grüne Woche?
Ich besuche jedes zweite Wochenende einen Messe in Berlin oder Brandenburg. Auch zur Grünen Woche und zur Motorwelt werde ich gehen. Wir holen uns dort Ideen und interessante Kontakte, ansonsten gibt es aber nicht viel abzugucken. Die Messe Berlin ist eine andere Größenordnung und ein internationaler Messeplatz. Ich kann nicht zur ITB gehen und schauen, was ich mir für meine Reisemesse abgucken kann. Das macht keinen Sinn. Als Geschäftsführer unseres Messebauunternehmens Messeprojekt Potsdam schaue ich mir die Standbauten der Aussteller jedoch umso genauer an. Aber nicht nur wir beobachten andere Messen. Wir bekamen auch schon Besuch von der Messe Berlin, weil die Potsdambau im Jahr 2008 mehr Aussteller hatte als die Baufachmesse Bautec.
Und 2009?
Wir hatten insgesamt 55000 Besucher und 1200 Aussteller bei 13 Messen. Mit der P-Mobil sowie der Reisemesse, den Dienstleistungstagen und dem Salon Sanssouci gab es vier Messe-Premieren sowie die Wiederbelebung der Hochzeits- und Babymessen. Bis auf die Dienstleistungstage, deren Konzept nicht so angenommen wurde wie erhofft, werden wir alle Messen auch 2010 veranstalten.
Es war das Jahr der Wirtschaftskrise. Wie schwer war es, Aussteller zu gewinnen?
Bei der Automesse war der Zuspruch sehr groß. Da haben wir für die Messe am letzten Januarwochenende einen verstärkten Zulauf. Weniger schwierig ist es auch bei gestandenen Messe wie der Potsdambau und der Vital 50plus. Aber wir müssen einiges tun und dran bleiben, um die Messen Jahr für Jahr zum Erfolg zu führen.
Wo sehen sie Potenziale?
Die Messe Grünkauf ist ein tolles überregionales Konzept, von dem ich begeistert bin. Aber es wird noch Zeit und Kraft brauchen, sie weiter zu entwickeln. Der ‚green trend’ soll aufgegriffen werden. Die Messe kann ich mir übrigens auch an dem einen oder anderen Standort mehr vorstellen. Dann haben wir den Salon Sanssouci, der erstmals parallel zur Art Brandenburg stattgefunden hat und ein voller Erfolg war, aber auch noch ausbaufähig ist. Zur Vernissage kamen 600 Gäste, danach noch circa 3000 Besucher. Da die Art Brandenburg und der Salon Sanssouci aber nur alle zwei Jahre stattfinden, haben wir das Konzept des Kunstforum Brandenburg aus der Schublade geholt und werden dieses erstmalig parallel zum Salon Sanssouci veranstalten. Da sind vor allem Galerien als Aussteller angesprochen, so dass die Künstler bei der Art Brandenburg bleiben. Auch die Potsdamer Reisemesse ist gut gestartet, hat aber noch Luft nach oben. Reisemesseaussteller sind verwöhnt, unsere 4000 Besucher waren ihnen zu wenig. In diesem Jahr hoffen wir da auf 150 Aussteller und 8000 bis 10000 Besucher.
Wie viel Besucher und Aussteller hätten sie dieses Jahr gerne insgesamt?
Grundsätzlich ein Wachstum. Viele Messegesellschaften würden sich in diesem Jahr über stabile Besucherzahlen freuen, denn die Zahlen gehen deutschlandweit an allen Messestandorten zurück. Wir streben ein Wachstum von fünf Prozent an.
Die Fragen stellte Jan Brunzlow
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