Stadtwerke-Affäre: Unter Druck gesetzt
Oberbürgermeister Jann Jakobs und Rechts- und Finanzbeigeordneter Burkhard Exner wehren sich gegen Erpressungsvorwurf
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Potsdam - In der Stadtwerke-Affäre geraten Oberbürgermeister Jann Jakobs und sein umstrittener Rechts- und Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (beide SPD) in Bedrängnis: Gemeinsam sollen sie Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam (EWP) unzulässig unter Druck gesetzt haben.
Wie die „Bild“-Zeitung am Freitag berichtete, sollen Jakobs und Exner in ihrem Bemühen, den früheren Stadtwerkechef Peter Paffhausen wegen Untreue-Vorwürfen ohne Abfindung von seinem Posten zu entbinden, in der Aufsichtsratssitzung am 20. Juni gedroht haben: Wenn die Mitglieder des Kontrollgremiums nicht sofort den Rausschmiss Paffhausens beschließen würden, könnten sie persönlich haften und müssten womöglich Schadensersatz zahlen. Die Höhe der Haftungssumme könnte 1,4 Millionen Euro betragen, soll den Aufsichtsräten erklärt worden sein – die Höhe der Abfindung, die Paffhausen nach seinem Rücktritt zunächst erhielt und die nach seiner Entlassung wieder aberkannt wurde. „Bild“ bezieht sich in dem Bericht auf Protokolle der Sitzung. Ein Aufsichtsratsmitglied, zugleich ein Stadtverordneter, wird mit den Worten zitiert, er habe sich vor allem von Exner, damals der neue Interimschef der Stadtwerke, „erpresst“ gefühlt.
Dazu kommt der Vorwurf, ein juristisches Gutachten im EWP-Auftrag habe erbracht, dass die Drohung mit privater Haftung zumindest gegen die Stadtverordneten im Aufsichtsrat falsch gewesen sei. Bei der EWP wurde dies auf Anfrage der PNN nicht bestätigt. Tatsächlich aber regelt die Kommunalverfassung für den Fall, dass Vertreter der Gemeinde in rechtlich selbstständigen Unternehmen für ihre Tätigkeit haftbar gemacht werden sollen, „ihnen die Gemeinde den Schaden zu ersetzen“ hat – „es sei denn, dass sie ihn vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben“.
Von Jakobs wurden die Vorwürfe gegen Exner und ihn selbst am Freitagnachmittag zurückgewiesen. „Niemand ist erpresst oder persönlich bedroht worden,“ teilte Jakobs in einer Erklärung mit. Paffhausen sei gekündigt worden, weil er den Aufsichtsrat über „Sachverhalte“ nicht informiert habe. Es sei die Pflicht des Aufsichtsratschefs und der Geschäftsführung gewesen darauf hinzuweisen, „dass rechtliche Fristen einzuhalten sind, damit kein Schaden für das Unternehmen entsteht.“
Vor allem Exner steht seit Wochen unter Druck. Unter anderem werden dem Dezernenten Fehler beim einem ominösen Grundstückgeschäft am Bertiniweg vorgeworfen. Die Linke-Fraktion will Exner aus diesem Anlass und wegen weiterer juristischer Fehlleistungen in der Vergangenheit abwählen lassen. Dafür braucht die Linke laut Kommunalverfassung die Unterschriften von 29 Stadtverordneten – und damit auch Hilfe von der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP. Bisher aber steht das Bündnis, obwohl es auch von dort Kritik an Exner gibt, offiziell hinter dem SPD-Mann. Daran ließ auch CDU-Fraktionschef Michael Schröder, einer der schärfsten Exner-Kritiker, keinen Zweifel. Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch lägen, könne über Exners Zukunft entschieden werden. Sollte sich aber der Bericht der „Bild“ bestätigen, wäre das „symptomatisch“ für das Agieren der Stadtspitze: Auch in anderen Fällen sei juristischer Druck auf ehrenamtliche Stadtverordnete aufgebaut worden, der rechtlich aber nicht haltbar gewesen sei. „Dieser Umgang miteinander ist mehr als fragwürdig“, so Schröder.
Dagegen sagte Ute Bankwitz vom Bürgerbündnis, Exner scheine „nicht davor zurückzuschrecken, auch mit Erpressungen sein tägliches Geschäft zu betreiben“. Sie forderte „personelle Konsequenzen“.
SPD-Chef Mike Schubert, als Aufsichtsratsmitglied der EWP damals nicht bei der Sitzung anwesend, verwies auf die Vorgeschichte des Treffens. „Hätten alle städtischen Aufsichtsratsmitglieder in den Sitzungen vorher der Freistellung von Paffhausen zugestimmt, hätte man die Verfehlungen in Ruhe aufklären und bewerten können – dazu aber bestand keine Bereitschaft“, kritisierte Schubert. Die anonymen Aufsichtsräte, die jetzt in der „Bild“ zitiert wurden, hätten so zur Aufklärung beitragen können. Neben Schubert vertraten die Stadtverordneten im Aufsichtsrat zwei Linke, ein CDU-Mann und eine SPD- Politikerin. FDP-Fraktionschef Johannes von der Osten-Sacken sagte, es sei „keine Ruhmesleistung“ für Aufsichtsratsmitglieder, sich – ohne genau ihre Rechte zu kennen – unter Druck setzen zu lassen.
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