Landeshauptstadt: Unterricht im Stasi-Gefängnis
Kooperation zwischen Bildungsministerium und Aufarbeitungs-Stiftung
Stand:
Kooperation zwischen Bildungsministerium und Aufarbeitungs-Stiftung Innenstadt - „In der Schule erfahren wir viel zu wenig über die DDR“, sagt Svenja Wilde vom Potsdamer Schiller- Gymnasium. Sie hat gemeinsam mit ihren Mitschüler an einer Projektwoche in den Gedenkstätten Lindenstraße 54 und Leistikowstraße 1 teilgenommen, hörte einen Zeitzeugen, der einen Großteil seiner Kindheit mit seiner inhaftierten Mutter hinter Gittern zubrachte. „Ich wusste nicht, dass auch Kinder in den Gefängnissen saßen“, will auch die Schülerin Nadine Burau noch mehr erfahren. Der Wissenshunger ist groß. „Hätten wir mehr Geld, könnten wir vier Mal so viele Anträge positiv bescheiden“, erklärte Rainer Eppelmann, Vorsitzender der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Um mehr Wissen über die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik in die Schulen tragen zu können, unterzeichneten er und Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht gestern eine Kooperationsvereinbarung. Dieser Vertrag bindet auch mehr als bisher die Potsdamer Gedenkstätten in Schulprojekte ein. „Wir erhoffen uns eine Beteiligung der Stiftung an Lehrerbildung und Schülerprojekte“, sagte Minister Rupprecht. Und Unterrichtsmaterialien aus der Aufarbeitung. Eine ähnliche Vereinbarung schloss der Minister erst vor kurzem auch mit der Stasi-Unterlagen-Beauftragten Marianne Birthler. „Erinnern kostet manchmal Geld“, so Rainer Eppelmann. Seine vom Bundestag beauftragte Stiftung werde sich seinerseits deshalb künftig an die Kultusministerien der Länder wenden und um finanzielle Unterstützung bitten. In Sachen Geschichtsaufarbeitung nimmt das Land Brandenburg eine Vorreiterrolle ein. Das Bildungsministerium hat bisher 14 Pädagogen zu so genannten Gedenkstättenlehrern ausgebildet. Die meisten sind in Linden- und Leistikowstraße eingesetzt. Die Hälfte ihrer Arbeitszeit verbringen sie an den historischen Orten, den Rest in der Schule. „Sie sollen den Bezug zum Schulalltag nicht verlieren“, erklärt Rupprecht. Die Führungen und Projektwochen seien für Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 13 geeignet, erläuterte Catrin Eich, Gedenkstättenlehrerin in der Lindenstraße. Die authentischen Orte würden bewusst gewählt, die Schüler in die Zellen des ehemaligen Untersuchungsgefängnisses der Staatssicherheit geführt, um ein Raumgefühl zu bekommen, die Beklemmung zu spüren, so Catrin Eich. Die Staatssicherheit sei aber nicht das Einzige, was die Kinder über die Geschichte der DDR wissen sollten, betonte der Bildungsminister. So müsste an den Schulen auch vielmehr über den Alltag vermittelt werden. Sein Rückblick falle nicht nur negativ aus, das Leben in der DDR sei für ihn nicht „unerträglich“ gewesen so Rupprecht. Dennoch dürfe man niemals vergessen, wofür Orte wie Linden- und Leistikowstraße stehen. NIK
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: