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Noch Plätze frei? Die Uni Potsdam befürchtet, aufgrund knapper Kassen in Zukunft weniger Studierende ausbilden zu können.

© Manfred Thomas

Studienplätze in Potsdam: Unterschrift verweigert

Die Nachfrage nach Studienplätzen in Potsdam wird weiter steigen. Eine Hochschulrahmenvereinbarung soll jetzt Planungssicherheit schaffen – Potsdams Uni-Präsident ist jedoch skeptisch.

Studienplätze in Brandenburg werden in den kommenden Jahren weiter stark gefragt sein. Das geht aus dem Hochschulentwicklungsplan hervor, der zurzeit zwischen den Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium abgestimmt wird. Der Plan soll eine Entwicklungsperspektive bis 2025 geben. In dem aktuellen Entwurf, der den PNN vorliegt, heißt es, dass man aufgrund des Zustroms aus Berlin und den alten Bundesländern auch bis 2025 nicht von einem Rückgang der Studienplatznachfrage ausgeht, vielmehr werde sich die Zahl der Studierenden weiter auf dem derzeitigen Niveau von rund 50 000 Studierenden im Land halten.

Allerdings gibt es nun Zweifel daran, dass dieses Studienplatzangebot überhaupt aufrechterhalten werden kann. Die Brandenburgische Hochschulkonferenz, ein Bündnis mehrerer Landeshochschulen, kritisierte nun die parallel zum Hochschulentwicklungsplan in Abstimmung befindliche Hochschulrahmenvereinbarung für die Jahre 2014 bis 2018 als unzulänglich. Denn sie sehe vor, die den Hochschulen jährlich zur Verfügung gestellten Landesmittel auf dem bisherigen Niveau von 269 Millionen Euro Grundmitteln einzufrieren. Die Ausfinanzierung allgemeiner Kostensteigerungen und neuer Vorhaben werde nicht gewährleistet, bestehende Finanzierungslücken blieben unberücksichtigt. Vor diesem Hintergrund hat sich der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, geweigert, die Hochschulrahmenvereinbarung in der vorliegenden Form zu unterzeichnen. Er will neu verhandeln.

Die Hochschulrahmenvereinbarung legt die Beibehaltung des jetzigen Finanzierungsniveaus für fünf Jahre plus der Tarifaufwüchse fest. Die steigenden Energie- und Bewirtschaftungskosten sind laut Hochschulkonferenz allerdings nicht abgedeckt. Hier rechnet das Bündnis mit rund fünf Prozent Mehrkosten pro Jahr. Auch der AStA der Uni Potsdam ist alarmiert: Hauptkritikpunkt ist, dass das Schriftstück in seiner aktuellen Fassung keine Option zur Erhöhung der Mittel zulässt. „Die brandenburgischen Hochschulen können unter diesen Rahmenbedingungen schwerlich ihr Studienplatzangebot weiter aufrechterhalten und die Ziele der Landeshochschulentwicklungsplanung erreichen“, sagte der Leiter des Koordinationsbüros der Brandenburgischen Hochschulkonferenz, der Potsdamer Juraprofessor Andreas Musil. Er warnt davor, dass das Studienplatzangebot in Brandenburg in Gefahr gerate.

In keinem Bundesland würden mehr Abiturienten zur Aufnahme eines Studiums ihr Land verlassen wie in Brandenburg. Die derzeit rund 50 000 Studienplätze müssen sich die Landeskinder mit Bewerbern aus anderen Bundesländern teilen. Denn darüber, wer letztlich einen Platz bekommt, entscheidet nicht die Herkunft, sondern der Abiturdurchschnitt. Wobei der Potsdamer Uni-Chef Günther betont, dass jeder, der zum Studium hierher kommt, gut für das Land sei. Derzeit hat die Potsdamer Uni rund 21 000 Studierende. Günther befürchtet nun einen Rückgang auf bis zu 17 000 Studierende, wenn man Lehre und Forschung auf ein optimales Niveau bringen wolle. Was wiederum im Hochschulentwicklungsplan gefordert wird: „Die Universität soll sich als forschungsnahe Universität fest etablieren und in ihren Profil- und Exzellenzbereichen international sichtbar und wettbewerbsfähig sein.“

Derzeit erhalte man vom Land allerdings weniger Geld pro Studienplatz als jedes andere Bundesland. „So kann sich eine Forschungsuniversität im Wettbewerb nicht langfristig behaupten“, meint Günther. Das Land wolle den Hochschulen pro Studierenden 5300 Euro zur Verfügung stellen, der Bundesdurchschnitt lag 2008 bei 8650 Euro. Günther, der auch Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz ist, vermisst Ambitionen der Landesregierung, etwas gegen die Unterfinanzierung des brandenburgischen Hochschulwesens zu tun. „Der Ist-Stand kann nur eine Brandmauer nach unten sein, unter die die Finanzierung keinesfalls fallen darf“, sagte er. „Hinsichtlich der Zielsetzung sind wir uns mit der Landesregierung völlig einig“, so Günther. „Die Hochschulen sollen – und wollen – das Land bestmöglich in seiner Entwicklung fördern.“ 50 000 Studienplätze seien dafür eine Marke, die nicht unterschritten werden sollte. „Aber das müsste angemessen ausfinanziert sein, und da differieren derzeit die Vorstellungen“, so Günther gegenüber den PNN. Man könne nicht an der Studienplatzzahl festhalten, wenn die Zuwendungen real weiter sinken.

Der Uni-Präsident umreißt das Problem mit einem einfachen Bild: „Wenn man nur für einen Golf Geld ausgeben will, kann man sich zwar einen teuren Phaeton wünschen, am Ende aber doch nur einen Golf kaufen“, sagt er. Dass in der aktuellen Situation offenbar keine großen Aufwüchse möglich sind, dürfe nicht bedeuten, dass später kein höheres Finanzierungsniveau erreichbar ist. „Die gerade begonnene zaghafte Trendwende muss fortgesetzt werden.“

Hintergrund der knappen Kassen sei, dass das Finanzministerium anscheinend keine Möglichkeiten sehe, zugunsten des Wissenschaftshaushaltes weitere Zusagen zu machen. „So kann man die Hochschulen allerdings nicht optimal für das Land wirken lassen“, sagte Günther. „Eigentlich sitzen wir alle im gleichen Boot.“ Dass die Hochschulen ein Entwicklungsmotor für das Land sind, wiederholt der Uni-Chef gebetsmühlenartig. Immerhin mit dem Erfolg, dass das Argument Eingang in die Hochschulplanung gefunden hat. In der Finanzplanung allerdings habe man den Zusammenhang offensichtlich noch nicht erkannt, so Günther.

Das grundsätzliche Ziel, mit einer Hochschulrahmenvereinbarung finanzielle Planungssicherheit über fünf Jahre hinweg zu schaffen, begrüßt die Brandenburgische Hochschulkonferenz. Auf Ablehnung stößt allerdings, dass die Landesmittel auf dem aktuell im bundesweiten Vergleich niedrigen Niveau gedeckelt werden sollen. Zwar könne das Hochschulbudget in Folge der allgemeinen Kostensteigerungen und der Übernahme neuer Vorhaben angeglichen werden. Diese Kann-Regelung führe aber dazu, dass die Hochschulmittel zum Spielball kurzfristiger politischer Handlungskalküle werden. „Planungssicherheit kann auf diese Weise nicht erreicht werden“, heißt es von der Hochschulkonferenz. Es sei zu befürchten, dass die allgemeinen Kostensteigerungen und neue Aufgaben unberücksichtigt bleiben und die reale Ausfinanzierung der Hochschulen sogar noch sinke. Sven Binkowski, Vertreter des wissenschaftlichen Mittelbaus der BTU Cottbus, erklärte in diesem Zusammenhang, dass ein Plus von mehr als 50 Millionen Euro allein notwendig wären, um unter den Bundesländern wenigstens Platz zwölf zu belegen.

Auch die Hochschulstrukturkommission, die im Sommer 2012 unter der Leitung von Friedrich Buttler ihren Bericht vorgelegt hatte, stellte fest, dass Brandenburg heute schon weit unterdurchschnittliche Bildungschancen im akademischen Bereich biete. So werde das Land seiner Verantwortung im föderalen Kontext nicht voll gerecht. Der Hochschulentwicklungsplan nun folgt in weiten Teilen den grundsätzlichen Empfehlungen der Hochschulstrukturkommission. Der Plan ist im Februar noch einmal Thema im Wissenschaftsausschuss des Landtages, bevor sich das Kabinett damit befassen wird. Das Wissenschaftsministerium rechnet damit nicht vor Anfang März.

An der Universität Potsdam begrüßt man die generelle Ausrichtung des vorliegenden Entwurfs, weist aber darauf hin, dass die Erreichbarkeit der Ziele von den zukünftig zur Verfügung stehenden Mitteln abhängt. Als Folge gedeckelter Hochschulausgaben befürchtet die Uni-Leitung nicht nur sinkende Studierendenzahlen, sondern möglicherweise auch sinkende Drittmitteleinnahmen. „Dies wäre ganz und gar nicht gut für unser Land“, so Uni-Präsident Oliver Günther. „Wünschenswert wäre stattdessen eine Umsetzung der Vorschläge der Hochschulstrukturkommission und eine Annäherung an die bundesweit üblichen Finanzierungsstandards.“ Robert Hofmann, Mitglied der Brandenburgischen Studierendenvertretung fordert sogar, dass die Studierendenzahlen nicht nur gehalten, sondern auch weiter ausgebaut werden. Wozu zusätzliche Finanzmittel nötig seien.

In der rot-roten Regierungskoalition kann man die Sorgen der Hochschulen nicht ganz nachvollziehen. Der hochschulpolitische Sprecher der Linken-Landtagsfraktion, Peer Jürgens, betonte gegenüber den PNN, dass erstmals in der Geschichte Brandenburgs eine Landesregierung derart langfristige Finanzierungszusagen mache – und das vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage. „Das ist ein Maß an Planungssicherheit für die Hochschulen, wie es sie noch nie gab“, so Jürgens. Zudem gebe es zusätzlich zu den Grundmitteln fest vereinbarte Zuschüsse für Nachwuchsförderung, innovative Forschungsvorhaben und Investitionen. Garantiert sei auch, dass für Tarifanpassungen, für die Übernahme neuer Vorhaben sowie für den Ausgleich von allgemeinen Kostensteigerungen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. „Insgesamt ist damit die Ausstattung und die Finanzsicherheit für die nächsten fünf Jahre angemessen und im bundesweiten Kontext nahezu einmalig“, so Jürgens.

Der neue Präsident der Fachhochschule Potsdam, Eckehard Binas, setzt indes auf Verhandlungen: „Mittlerweile liegt erfreulicherweise ein veränderter Formulierungsvorschlag vor, sodass der Weg für eine baldige Einigung zwischen Land und Hochschulen in Aussicht ist.“

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