Homepage: Verdeckte Gesinnung
An der Universität Potsdam studieren auch Rechtsextreme / NPD-Funktionär immatrikuliert
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Rechtsextreme an der Uni Potsdam? Undenkbar – hat die Hochschule doch seit Jahr und Tag einen eher linkslastigen AStA, der konservative RCDS konnte sich gerade mal eine Legislatur im AStA halten. Flyer oder sonstige Aktivitäten von rechten Gruppierungen sind bislang nicht aufgefallen. Und doch gibt es immer wieder Hinweise, Studenten berichten von Kommilitonen, deren Äußerungen rechtsextremes Gedankengut andeuten. Ein Dozent gibt an, dass rechtesextreme Ansichten unter Studierenden vorhanden seien. Die betroffenen Studierenden seien aber vorsichtig damit, wie sie sie äußern. Öffentlich will er dies nicht sagen. Ein anderer Professor erinnert sich an ein Seminar zum Thema Integration, in dem fremdenfeindliche Äußerungen gefallen seien, allerdings im Rahmen dessen, was in den öffentlichen Debatten geläufig ist.
Der Studierendenausschuss (AStA) wird da schon deutlicher. Auf Anfrage verweisen die Studierendenvertreter auf den Politikstudenten Ronny Zasowk, der Kreisvorsitzender der NPD-Lausitz ist. Auf deren Homepage gibt Zasowk in der Rubrik „Exklusive Artikel“ ein klares Bild seiner politischen Gesinnung. Die Bundesrepublik Deutschland wird hier als „staatliches Besatzerkonstrukt“ bezeichnet: „Die Deutschen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und im Zuge der Besatzung durch die alliierten Massenmörder ihrer wahren Existenz beraubt“. Die Bundesrepublik wird angegriffen: „Lieber ein Ende mit der BRD als eine BRD ohne Ende“. Auch Fremdenfeindlichkeit wird kaum kaschiert. Zum Brandenburger Einbürgerungsfest 2007 schreibt Zasowk: „In unserem kranken Land wird wirklich auch die volksfeindlichste politische Maßnahme mit einem Fest bedacht. Den Bürgern zu erklären, welche irreparablen Folgen dieser schrittweise Bevölkerungsaustausch für unser Volk hat, sieht man als unnötig an.“ In einem anderen Text spricht Zasowk von „Verausländerung und Umvolkung“ durch falsch verstandenen Humanismus. Das Frauenbild des Studenten ist entsprechend. „Die biologisch vorprogrammierte Rolle der Frau als Mutter wird heutzutage nur noch als Nebensächlichkeit betrachtet“, moniert er. „So gelten heute der Selbstverwirklichungswahn und die Karrieregeilheit der deutschen Frau mehr als die natürlich notwendige und gesellschaftlich wünschenswerte Familiengründung“, schreibt Zaskow weiter.
Der Bezug in den Texten des NPD-Funktionärs auf völkisches und rechtsextremes Gedankengut ist offensichtlich. Zasowk bezeichnet sich und seine Partei als „nationalen Sozialisten“. Der „nationale Sozialismus“ habe die Natur des Menschen, „also die genetische und dadurch bedingte kulturelle Ungleichheit der auf diesem Planeten lebenden Menschengruppen“, als obersten Grundsatz. In dem Beitrag „Diktatur der Menschenrechte“ schreibt der Student, dass die Völker und Kulturen der Erde getrennt voneinander leben können: „Dies macht die Universalgeltung irgendwelcher Menschenrechte völlig unnötig, da jedes Volk in seinem Gebiet für sich selbst verantwortlich ist.“ Und weiter: „Da wir erkannt haben, dass gleichmacherische Kräfte die Völker zerstören, nehmen wir in Kauf, dass es auf ewig rassische, soziale und kulturelle Unterschiede zwischen den Arten der Menschheit geben wird.“
Den Angriff auf die Menschenrechte will Prof. Eckart Klein, Leiter des Menschenrechtszentrums an der Uni Potsdam, so nicht stehen lassen. „Die ganz und gar törichte Argumentation des Artikels entlarvt sich selbst“, sagte Klein auf Anfrage der PNN. Durch seine „primitive Sprache“ charakterisiere sich der Text ausreichend selbst. „Es ist fast schwer zu glauben, dass der Autor das an sich zu erwartende intellektuelle Niveau eines Universitätsstudenten hat“, so Klein. Sollte sich ein Student in dieser Art in einer Lehrveranstaltung an der Universität äußern, würde sich Klein in jedem Fall kritisch damit auseinandersetzen.
Ähnlich sieht es sein Kollege, der Politologe Prof. Heinz Kleger, der jüngst den Entwurf zur Neufassung des Potsdamer Toleranzediktes verfasst hat. Bei solchen „Argumenten“, die aus der „unheilvollen deutschen Geschichte“ gut bekannt sind, würde sich Kleger „selbstverständlich und deutlich“ mit der pauschalen Sprache von „national“, „sozialistisch“, „BRD-System“, „Systemparteien“ und „Volk“ im ethnischen Sinn auseinandersetzen. „Denn es waren die Nationalsozialisten, welche die staatsbürgerliche Nation zerstört haben“, erinnert Kleger. So lange keine Gewalt, verfassungsfeindliche Symbole oder Volksverhetzung im Spiel seien, müsse das Gespräch und die Auseinandersetzung gesucht werden: „Um allen vor Augen zu führen, welche Konsequenzen diese sogenannte Weltanschauung hat.“
Allerdings fand sich kein Dozent, der bislang mit rechtsextremen Gedankenbildern in Lehrerveranstaltungen offen konfrontiert wurde. Der einzige Bezug zur Universität Potsdam, den der NPD-Funktionär Zasowk öffentlich herstellt, ist eine Replik auf die vom Fachschaftsrat der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (FSR) initiierte Aufklärungskampagne über die von Rechtsextremen getragene Bekleidung von „Thor Steinar“. Dieser „Aufruf zur Denunziation“ gebe einen Einblick in den „bundesrepublikanischen“ Hochschulalltag. „Der durchblicken lässt, welchen Zweck die heutigen BRD-Unis haben: nicht die umfassende Spezialausbildung der Elite von morgen, sondern die Rekrutierung und Indoktrinierung vermeintlich Gebildeter“, schreibt der Student.
Den PNN sagte Zasowk allerdings, er würde die bundesdeutschen Unis als Institution nicht ablehnen. Vorwürfe von Studierenden, seine Äußerungen seien verfassungsfeindlich, weist er zurück: „Ich nehme lediglich das Recht auf freie Meinungsäußerung wahr, indem ich darauf hinweise, dass in unserem Land Einiges im Argen liegt.“ Als Bürger sei er durchaus berechtigt, Änderungen des Grundgesetzes zu fordern, ihm gehe es um Verfassungskritik. Politische Systeme seien keine starren Gebilde, sondern ständig im Umbruch. „Wenn man erkannt hat, dass viele Aspekte und grundsätzliche Werte eines politischen Systems nicht mehr stimmen, dann hat man doch das Recht, wenn nicht sogar die Pflicht, für Veränderungen einzutreten.“
An der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Uni agieren Studierende mit rechter Gesinnung eher bedeckt, war vom Fachschaftsrat zu erfahren. Es gebe zwei bis drei Studierende, die durch versteckte, meist unauffällige Dresscodes als Rechtsextreme zu erkennen seien. Sie würden sich, ähnlich wie Ronny Zasowk, in Seminaren zurückhaltend und politisch nicht auffällig äußern.
Der Universität Potsdam sind indes die Hände gebunden. Von der Hochschulleitung war zu erfahren, dass sie sich in einem Dilemma befinde. „Wir haben keine rechtsstaatlichen Mittel in der Hand, um gegen rechtsextreme Auffassungen und Personen vorgehen zu können“, so Pressesprecherin Janny Armbruster. So lange ein Student nicht politisch ungebührlich auffalle, gebe es für die Hochschule leider auch keine Veranlassung, etwas zu unternehmen. Das fehlende Verbot einer Partei wie der NPD hole die Hochschule nun auf der unteren Ebene ein.
Eine Wiederaufnahme des Verbotsverfahren gegen die NPD hatte Brandenburgs Landeschef Matthias Platzeck (SPD) erst unlängst wieder angemahnt, ohne aber bei den Innenministern auf Gehör zu stoßen. Auch der Historiker Werner Treß vom Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum hat sich dafür ausgesprochen, die „verfassungsfeindliche“ NPD „schnellstmöglich“ zu verbieten. Er verweist dabei auf den Verfassungsschutzbericht 2006. „Unverholen zielt die aggressive Agitation der NPD auf die Beseitigung der parlamentarischen Demokratie und des demokratischen Rechtsstaates“, so die Verfassungsschützer. „Verlautbarungen der Partei belegen eine Wesensverwandschaft mit dem Nationalsozialismus; ihre Agitation ist rassistisch, antisemitisch, revisionistisch und verunglimpft die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes“.
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