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Verfehlte Prognose: Warum Potsdamer Kitas leer bleiben
Aktuell sind 3000 Kitaplätze in Potsdam unbesetzt, Grund ist eine verfehlte Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2020: Diese hatte den Geburtenknick nach Corona nicht voraussehen können.
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Potsdams Bevölkerungsprognose war zu optimistisch: Dies wurde am Donnerstag im Potsdamer Jugendhilfeausschuss klar, wo die Stadtverwaltung über die Gründe für die aktuell rund 3000 unbesetzten Kita- und Krippenplätze informierte. „Die letzte Bevölkerungsprognose stammt aus dem Jahr 2020, Grundlage waren Daten aus dem Jahr 2019 – also vor Corona“, sagte Anna Görner vom Fachbereich Kinder, Jugend und Familie. „Diese Zahlen waren Grundlage für Potsdams Kitabedarfsplanung.“
Lange Zeit sah es tatsächlich so aus, als würde der Bedarf steigen: Mehr als zehn Jahren lang herrschte in Potsdam Mangel an Kitaplätzen, Eltern mussten oft viel Zeit und Energie in die Suche nach freien Kitas stecken und sich auf lange Wartelisten schreiben. 2023 hatte sich dieser Trend jedoch erstmals umgekehrt – auf einmal waren viel mehr Plätze als Kinder vorhanden. Besonders in Stadtteilen wie Golm, Grube oder in der Innenstadt gibt es derzeit viele unbesetzte Kitaplätze.
Wir hatten nach Corona einen massiven Einbruch bei den Geburtenzahlen. So einen Einbruch gab es zuletzt kurz nach der Wende, wobei die Zahlen damals deutlich niedriger waren.
Anna Görner vom Fachbereich Kinder, Jugend und Familie
Eine Hauptursache war Corona: 2020 überstiegen die Sterbefälle erstmals die Geburten in Potsdam. „Wir hatten nach Corona einen massiven Einbruch bei den Geburtenzahlen. So einen Einbruch gab es zuletzt kurz nach der Wende, wobei die Zahlen damals deutlich niedriger waren“, sagte Görner. Aktuell liegt die Geburtenrate im Schnitt bei 1,1 Kindern pro Frau, zwischen 2007 und 2017 lag der Wert bei 1,4 bis 1,5 Kindern. Görner betonte jedoch, dass diese Entwicklung in ganz Deutschland zu beobachten sei.
Auch der Zuzug war nicht so stark wie erwartet: „Wir verzeichnen vermehrt einen familiären Wegzug aus dem Stadtgebiet ins Umland“, sagte Görner. Der Fachbereich Statistik und Wahlen habe für das Jahr 2023 ermittelt, dass es bei der erwarteten Anzahl von Kindern unter sechs Jahren eine Abweichung von 12,7 Prozent im Vergleich zur tatsächlichen Kinderzahl gab.
„Dieser Negativtrend wird sich angesichts multipler Krisen, verringertem Zuzug und einem angespannten Wohnungsmarkt weiter fortsetzen“, sagte Görner. „Kurz- bis mittelfristig kann nur ein moderates Wachstum erwartet werden.“ Die nächste Bevölkerungsprognose soll 2025 berechnet werden und dann zur neuen Grundlage für die Kitaplanung werden.
Die Stadt befindet sich seit Dezember mit Kitas im Gespräch, die „eine problematische Nichtauslastung“ haben, sagte Kerstin Elsaßer, Leiterin des Bereichs Kitas in der Stadtverwaltung: „Wir wollen mehr Informationen gewinnen.“ Kitaschließungen werde es aktuell nicht geben, seien in Zukunft aber nicht ausgeschlossen, so Elsaßer. Im Potsdamer Umland hatte es in den vergangenen Jahren bereits Kitaschließungen wegen Kindermangels gegeben.
Großteil der Träger ist beim Kitaportal dabei
Im Jugendhilfeausschuss informierte die Stadt auch über das Kitaportal, das Ende November an den Start gegangen war: Bislang haben sich 30 von 46 Trägern bereit erklärt, teilzunehmen und ihre Kitas in das Onlineportal einzustellen. „Es sind alle großen Träger dabei“, sagte Natascha Imhof, Leiterin der Arbeitsgruppe Fachmanagement Kita. Die Gründe, warum die restlichen Träger noch nicht an Bord sind, seien vielfältig: „Manche Träger haben gerade eine andere Software eingeführt und wollen ihre Mitarbeiter nicht überfordern“, so Imhof.
Das Kitaportal bietet Eltern Informationen über verfügbare Kitas in Potsdam und ermöglicht auch, auf digitalem Weg einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu beantragen. Seit Start des Kitaportals konnten bereits 60 Anträge beschieden werden.
Die zentrale Funktion, wegen der das Kitaportal eigentlich eingeführt wurde, fehlt jedoch nach wie vor: Eine Übersicht über die freien Plätze in den jeweiligen Kitas, um Eltern davon zu entlasten, bei jeder Kita persönlich nachfragen zu müssen. Diese Funktion sowie die Platzvermittlung über das Portal sollen spätestens im Februar verfügbar sein, sagte Imhof.
Korrektur: In der urprünglichen Fassung des Artikels wurde Anna Görner mit dem Satz zitiert: „Wir hatten einen massiven Einbruch bei den Geburtenzahlen, der Wert lag so niedrig wie zuletzt kurz nach der Wende.“ Dies war nicht korrekt, da es zwar einen Einbruch gab, die Werte lagen aber niedriger als während Corona.
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