zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Verpflichtung für die Zukunft“

Die Voltaire-Gesamtschule bekam als erste in Potsdam die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus“

Stand:

Innenstadt - Für die Achtklässler Nilgün Acik und Maksim Loba war der gestrige Tag noch wichtiger, als für ihre Mitschüler. Beide haben einen so genannten Migrationshintergrund und gehen auf die Voltaire-Gesamtschule, die als erste in Potsdam mit dem Prädikat „Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage“ ausgezeichnet wurde. Vergeben wurde das silbern-schwarze Schild von der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule e.V. (RAA). Insgesamt 19 Brandenburger Schulen tragen es nun, bundesweit sind es 250.

Nilgün, genannt Nelli, ist vor vier Jahren mit ihrer Familie aus der türkischen Stadt Izmir nach Potsdam gekommen. „Am Anfang haben mich die anderen Schleimer genannt, nur weil ich versucht habe, zu allen nett zu sein“, erinnert sie sich. Heute glaubt sie nicht mehr, dass ihre Herkunft der Grund für die Hänseleien war. „Aber damals fand ich es schlimm“, sagte sie. Inzwischen fühlt sich die 14-Jährige sehr wohl an der Voltaire-Schule. „Von Rassismus oder Ausländerfeindlichkeit spüre ich hier nichts.“ Es gebe aber auch nur wenige ausländische Mitschüler, so Nelli.

Schulleiterin Ortrud Meyhöfer lobte in einer kleinen Ansprache vor allem die achte Jahrgangsstufe, weil sie sich besonders in die verschiedenen Projekte hineingekniet habe. Klassenstufensprecherin Antonia Faust (14) fasste die wichtigsten Aktivitäten noch einmal kurz zusammen. So haben die Schüler eine Exkursion ins Anne-Frank-Museum in Berlin gemacht und eine Blindenwerkstatt in den Hackeschen Höfen besucht, wo Antifaschist Otto Weidt Juden vor den Nazis versteckt hielt. Außerdem haben die Schüler ein Theaterstück in englischer Sprache aufgeführt, in dem es um Gewalt und Diskriminierung ging. „Jeder erlebt in seinem Leben Gewalt“, sagte Antonia, „entweder selbst oder bei anderen“. Es sei wichtig darüber zu sprechen, um zu wissen, wie man in einer solchen Situation reagieren sollte.

Um sich „Schule ohne Rassismus“ nennen zu dürfen, müssen sich 70 Prozent der Schüler an einer entsprechenden Unterschriftenaktion beteiligt haben. An der Voltaire-Schule waren es fast 90 Prozent. Davon zeigte sich auch Oberbürgermeister Jann Jakobs beeindruckt und übernahm die Patenschaft für die Gesamtschule. Er sprach davon, dass sie ein leuchtendes Beispiel für andere Potsdamer Schulen sei, wies aber auch darauf hin, dass die Auszeichnung nicht nur Anerkennung für bereits Geleistetes sei, sondern zugleich Verpflichtung für die Zukunft. Er wolle sich von nun an mindestens einmal im Jahr mit den Schülern treffen, um zu überprüfen, ob die Schule den Titel zu Recht trägt, so Jakobs.

Schulleiterin Meyhöfer sagte, auch ohne den Titel habe die Voltaire-Schule in den vergangen Jahren immer eine Kultur gepflegt, die auf Toleranz und ein freundliches Miteinander ausgerichtet ist. Eine Auszeichnung sei eine schöne Sache, aber letztlich komme es darauf an, die Werte auch im Alltag zu leben.

Maksim, der vor zwei Jahren mit seiner Familie aus einer ukrainischen Stadt in der Nähe von Kiew gekommen ist, findet, dass seine Schule die Auszeichnung verdient hat. „Ich musste mir auch ein paar blöde Sprüche anhören, als ich neu in die Klasse kam. Aber das hatte nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun.“ Er ist sich sicher: „Wenn ich in Schwierigkeiten wäre, würden meine Mitschüler und Lehrer sich vor mich stellen.“

Juliane Schoenherr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })