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Sport: Verschusselt und verschlüsselt
Deutsche Klubs werfen dem Handball-Weltverband schwere Fehler bei der Vergabe der WM-Rechte vor
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Die Telefone haben oft geklingelt in den letzten Tagen, allein: Es fehlt die Lösung. Die Bemühungen der deutschen Handball-Funktionäre, den drohenden Fernseh-Boykott für die Handball-Weltmeisterschaft in Katar (15. Januar bis 1. Februar) abzuwenden, blieben erfolglos. „Wir arbeiten bis zum Schluss daran“, sagt Mark Schober, der Generalsekretär des Deutschen Handballbundes (DHB), „aber so langsam verliere ich den Mut.“ Auch Ligageschäftsführer Frank Bohmann hat bereits resigniert. „Die Situation ist wirklich ein Wahnsinn“, sagt Bohmann.
Die Nachricht, dass weder ARD noch ZDF die deutschen Spiele übertragen werden, hat die Sportart vor ein paar Wochen schwer getroffen. Die Verhandlungen scheiterten damals an der Forderung des Rechteinhabers BeIn Sports, das Satellitensignal verschlüsselt zu senden. Nun sind auch die Vermittlungsversuche seitens der Liga und des DHB gescheitert, mit Sendern wie RTL oder ServusTV nach Lösungen im frei empfangbaren Fernsehen zu suchen. Es sei für diese Sender einfach zu spät, die Werbeflächen zur Refinanzierung der Rechtekosten zu verkaufen, so die Begründung.
Für den Bezahlsender Sky, der Interesse signalisiert hatte, wird die Zeit ebenfalls knapp – und dass BeIn Sports die TV-Rechte einem Internetportal wie sportdeutschland.tv, also dem virtuellen Sender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), für einen fünfstelligen Betrag überlässt, gilt ebenfalls als höchst unwahrscheinlich. Schließlich hat der Ableger des katarischen Staatssenders Al Djazeera die TV-Rechte für die Turniere zwischen 2014 und 2017 für die Rekordsumme von 81 Millionen Euro eingekauft. „Das sind sehr werthaltige Rechte“, sagte BeIn Sports-Chef Nasser Al-Khelaifi bei Vertragsabschluss. Die Katarer werden die Rechte nicht verschenken. Tendenz: Die Rechte für Deutschland werden gar nicht erst verkauft.
So konzentriert sich Kritik aus der deutschen Handballszene zunehmend auf den Verkäufer der Rechte, die Internationale Handball-Föderation (IHF) mit Sitz in Basel. Dort heißt es, die Lage sei unverändert, man arbeite an einer Lösung. „Wir können es nicht ändern“, hatte IHF-Präsident Hassan Moustafa das Scheitern der TV-Verhandlungen mit ARD und ZDF bedauert. Aber das wollen die Spitzenklubs dem Ägypter so nicht durchgehen lassen.
Sie werfen der IHF schwere handwerkliche Fehler vor. „Die Verantwortlichkeit liegt bei der IHF, nirgendwo sonst“, sagt Gerd Butzeck, der Geschäftsführer der europäischen Kluborganisation Forum Club Handball (FCH). „Die IHF hätte sich eine Klausel, wonach eine gewisse TV-Reichweite gefordert ist, in den Vertrag schreiben lassen müssen.“ Der Kernvorwurf lautet: Die IHF kassiert, während die Akteure im wichtigsten Handballmarkt unter der mangelnden TV-Präsenz leiden.
Die Klubs werden eine Einladung Moustafas zur WM ablehnen. Mehr könne man nicht machen, sagt Butzeck. „Wir haben keine Möglichkeit zu einem Boykott.“ Jedenfalls noch nicht, so der Spitzenfunktionär. Denn die Klubs klagen derzeit in zweiter Instanz gegen die IHF um Mitspracherechte im Weltverband. Der Gründung einer Klub-Weltliga, von der IHF geplant, dürfte auf dieser Basis unmöglich sein.
Moderater sind Töne beim DHB. „Das ist einerseits schön, wenn der Handball damit viel Geld verdient“, kritisiert Präsident Bernhard Bauer, „aber es ist sehr enttäuschend, wenn dadurch wichtige Bereiche im Fernsehen nicht abgedeckt werden.“ Generalsekretär Schober spricht von einem „schweren Imageschaden“ für den deutschen Handball. Die verbale Zurückhaltung hat Gründe: Der DHB organisiert 2017 (Frauen) und 2019 (Männer) IHF-Weltmeisterschaften, da soll vorher kein Missmut entstehen. Zumindest Generalsekretär Mark Schober hat die Hoffnung auf WM-Handball im deutschen Fernsehen noch nicht aufgegeben – „vielleicht ja noch während des Turniers.“
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