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Links und rechts der Langen Brücke: Versöhnung in Würde

Sabine Schicketanz fordert Potsdam auf, ein Geschenk anzunehmen

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Wer Potsdam beschenkt, der muss darauf gefasst sein, dass er nicht nur Dankesworte erntet. Hasso Plattner, Potsdams „chronischer Glücksfall“, wie Günther Jauch ihn nennt, weiß das genau.

Vielleicht hat er Potsdam und seinen Bürgern, die als debatten- und streitlustig gelten, auch deshalb nicht nur das unabweisbare Angebot einer Kunsthalle gemacht. Mit dem Ort, an dem Plattner das Museum – das Potsdam keinen Euro kosten wird, weder im Bau, noch im Betrieb – errichten will, bietet der Mäzen der Stadt gleichsam die Chance, sich mit ihrer Ost-Vergangenheit zu versöhnen, die barocke Vergangenheit anzuerkennen und gleichzeitig in die Zukunft zu blicken. Plattners Offerte ist die Möglichkeit – vielleicht die einzige, die sich je bieten wird – das DDR-Hotelhochhaus in Würde abzutragen. Es hat seine Dienste geleistet, seinen Zweck erfüllt. Und es macht Platz für etwas, das schöner nicht sein könnte: einen öffentlichen Ort, einen Ort der Kunst, der Kultur. Einen Ort, der Potsdam, das schon so vieles Herausragende besitzt, noch fehlt.

Potsdam sollte sich dieser Möglichkeit bewusst sein und sie nutzen. Die Stadtpolitik, auch und besonders die Linke, sollte ideologische Überzeugungen abstreifen, die Realität betrachten. Danach steht dort, in Potsdams Zentrum, ein Hochhaus, das keiner Landschaft schmeichelt – egal, wo es gebaut worden ist, in Ost oder in West. Das alt ist und nicht schöner werden würde mit den Jahren.

Sicher, auch Potsdam braucht Ecken und Kanten, soll keine Puppenstube sein und werden. Doch kann nicht eine in moderner Architektur errichtete Kunsthalle, die obendrein in einer Dauerausstellung die Kunst zeigt, die Menschen aus dem Osten, im Osten in den vergangenen 60 Jahren geschaffen haben, genau dies leisten?

Potsdam sollte die Chance nutzen, Plattners ausgestreckte Hand ergreifen, und mit der Großzügigkeit des Mäzens sorgsam umgehen. Dazu gehört vor allem, dass die Stadt sich müht, dieses Mal die schon legendäre Potsdamer Disziplin des Zerredens einer großartigen Idee zu vermeiden. Politik und Rathaus dürfen sich in monate-, ja jahrelangen Debatten ohne Ergebnis ergehen, zur Not ihre Bürger abstimmen lassen, wenn sie es denn für nötig halten – zum Beispiel über ein Schwimmbad und darüber wo es gebaut werden soll.

Doch jetzt, bei Plattners Kunsthalle, muss klar abgewogen und entschieden werden. Dazu gehört auch die Frage, was geschehen würde, wenn Potsdam die Kunsthalle am Standort des ehemaligen Interhotels ablehnen würde. Dann würde Plattner vielleicht an einem anderen Ort der Stadt das Museum bauen – wahrscheinlich aber eher nicht. Kann eine Stadt es sich leisten, einen Mäzen so zu verprellen? Und was geschähe mit dem Hotel Mercure? Würde der Eigentümer, ein US-Finanzinvestor, es abreißen? Würde die Hotelkette als Betreiber es erwerben? Würde die Stadt Potsdam je in der finanziellen Lage sein, es zu erwerben? In allen Fällen lautet die Antwort wohl nein.

Für Plattner kann es daher nur eine Antwort geben: Ja. Rathaus und Politik müssen sich jetzt mühen, Lösungen für die an einen Abriss geknüpften Schwierigkeiten zu finden, statt zu debattieren.

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