
© Johanna Bergmann
„Die Digedags in Potsdam": Vertonter Kult-Comic
Der Potsdamer Musiker Lutz Andres lädt zu einer Comic-Lesung der Digedags mit Live-Musik. Für ihn waren die Comics damals ein Ruf nach Freiheit.
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Potsdam - Vielen Nachwende-Geborenen wird der Name „Digedags“ kaum etwas sagen, doch Generationen von Comic-Lesern, die in der DDR aufgewachsen sind, verbinden mit den „Mosaik“-Heften viele nostalgische Kindheitserinnerungen. Der Potsdamer Musiker Lutz Andres lässt die drei pfiffigen Helden Dig, Dag und Digedag nun neu auferstehen: Unter dem Titel „Die Digedags in Potsdam – Vom Mississippi an die Havel“ wird es am 10. Juni eine animierte „Bilderschau mit Live-Musik“ geben, inklusive Rockband, Vorleser und Hörspiel-Effekten.
Meistens war die Digedags-Comics am Kiosk schon weg
Lutz Andres kennt die Digedags seit den frühen 70er-Jahren: „Die ersten Hefte bekam ich aus der Verwandtschaft, denn am Kiosk hab ich sie nicht regelmäßig bekommen – es war halt Bückware“, so der 54-Jährige. „Ich gehörte zu denen, die ständig zum Kiosk hinliefen und nachfragten, aber meistens waren die neuen Hefte immer schon weg.“ Im Laufe der Jahre sammelte und tauschte sich Andres dann nach und nach rund 200 Hefte zusammen.
Eine Leidenschaft, die ihn bis heute nicht losgelassen hat: Schon vor rund zehn Jahren hatte der Gitarrist der Band „No Sugar Added“ zusammen mit einem Mitmusiker eine Digedag-Diashow veranstaltet und das Gezeigte dabei wie bei einem Stummfilm mit Improvisationen auf Kontrabässen begleitet. „Nun wollten wir mal wieder ein neues Projekt machen“, sagt Andres. Ursprünglich sollte es nur eine Comic-Lesung mit Dias und Songs geben, aber Bassist Eberhard Hasche schlug vor, auch einige der großen, zweiseitigen Bilder aus den Mosaik-Heften zu animieren. Andres war von der Idee angetan und so begannen vor zwei Jahren die Arbeiten an dem Projekt.
Inhaltlich wird sich die Lesung auf die ersten sieben Hefte der populären Amerika-Serie der Digedags konzentrieren: Bei der Geschichte, die in New Orleans spielt, wird das Comic-Trio unter anderem in ein Dampfer-Wettrennen auf dem Mississippi verwickelt und löst knifflige Situationen nicht selten durch clevere Erfindungen. Untermalt werden soll der Vortrag dabei von zahlreichen Geräuschen, die Andres zum Teil selbst aufgenommen hat: „Ich bin extra an die Elbe gefahren, weil da noch Schaufelrad-Dampfer fahren, und habe Tonaufnahmen gemacht.“
Rocksongs liefern den perfekten Soundtrack
Zu den animierten Bildern werden immer wieder Rocksongs eingestreut, passend zum Thema von amerikanischen Bands: „America“ von Simon & Garfunkel, „Sitting On Dock Of The Bay“ von Otis Redding und natürlich „Green River“ und „Proud Mary“ von Creedence Clearwater Revival, die Mississippi-Hymnen schlechthin. Andres war dabei wichtig, Songs auszuwählen, die zur selben Zeit erschienen sind, als damalige Kinder und Jugendliche die Digedags lasen, also in den 60er- und 70er-Jahren.
„Ich bin mit der Amerika-Serie der Digedags großgeworden“, sagt Andres. „Ich hatte das Gefühl, die Comics waren ein Ruf nach Freiheit.“ Wie so viele andere Bürger der DDR liebte auch er die bunten Abenteuer-Geschichten aus fernen Ländern, in die man selbst nicht reisen konnte: „Die Digedags waren mit einem Zeichenstrich an der Südsee, während wir an die Ostsee fuhren.“
Als Andres begann, die animierte Live-Bilderschau zu planen, fragte er zuerst Digedag-Zeichner Hannes Hegen um seine Erlaubnis: „Er hat uns eine öffentliche, kommerzielle Aufführung leider nicht gestattet, wünschte uns aber alles Gute für eine private Aufführung.“ Also blieb es zunächst bei der Premiere im privaten Kreis im Sommer 2015. Hegen selbst konnte sie nicht mehr erleben, denn er verstarb im November 2014. Aber ehemalige Mosaik-Mitarbeiter wie Lothar Dräger oder Lona Rietschel wohnten der Premiere bei und waren begeistert.
„Hegens Sohn erlaubte uns daraufhin, dass wir das Ganze auch öffentlich aufführen dürfen.“ Besonderen Anklang fanden die dezenten Animationen, die den typisch ruhigen Charakter der Comics nicht veränderten.
Weitere Aufführungen geplant
Die Aufführung am Freitag in dem Restaurant Anna Amalia an der Havel wird daher nicht die einzige bleiben: Allein in diesem Jahr soll die Bilderschau dreimal aufgeführt werden. Andres hat dabei darauf geachtet, dass die Inszenierungen an Orten stattfinden, die einen Bezug zu den Digedags haben: „Im Oktober werden wir zum Beispiel im Landgut Borsig in Nauen auftreten, weil der Lokomotivenbauer August Borsig in der Erfinder-Serie der Digedags eine wichtige Rolle spielt.“
Und was ist der Bezug zu Potsdam? „Mir war wichtig, dass wir die Aufführung an der Havel machen“, sagt Andres. „Denn wenn ich auf die Havel schaue, ist das für mich der Mississippi!“
„Die Digedags in Potsdam“ am 10. Juni um 19 Uhr im Restaurant Anna Amalia, An der Pirschheide 41, Eintritt zwölf Euro, ermäßigt sechs Euro.
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