Potsdam-Bilder im Rathaus: Verwaschene Heimatgefühle
Lina Yell stellt im Rathaus Potsdam Bilder zum Thema Heimat aus und zeigt verträumte Farbexplosionen.
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Potsdam - Schwer liegt die rote Farbe auf den Häusern, die Sonnenstrahlen reflektieren in einem feurigem Orange auf den Dächern und selbst der Boden flimmert in einer Mischung aus blauem Dunst und gelber Hitze. Es ist eine Momentaufnahme, die frisch aus diesen heißen Sommertagen stammen könnte. Tatsächlich ist es eine Häuserfront im Holländischen Viertel, die Lina Yell auf die Leinwand gebannt hat. Gemeinsam mit etwa 29 anderen Werken der Künstlerin ist es im Rahmen ihrer Ausstellung „Das alles ist Heimat“ noch bis zum 17. September in der zweiten Etage des Potsdamer Rathauses, im Flur des Oberbürgermeisters, zu sehen.
„Heimat ist für mich ein Gefühl, das in den Menschen drin ist und das ihnen sehr viel Kraft geben kann“, so Lina Yell bei der Ausstellungseröffnung am vergangenen Dienstag. Deshalb entstünden auch ihre Bilder, die sie meist mit Kreide, Tusche und Acrylfarben auf die Leinwand bringt, intuitiv, aus ihr selbst heraus. „Diese bunten Farben und das Lebendige, das bin einfach ich“, so die Künstlerin, die studierte Diplom-Designerin ist. Geboren ist sie im Jahr 1961 in Leipzig, im Kunst- und Design-Studium an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee lernte sie später die verschiedenen Maltechniken kennen, die sie immer wieder in Auftragsarbeiten einsetzt. Anfang der 90er-Jahre ergänzte sie ihr Können durch ein Studium zu Computergrafik und Animation, lebt heute in Ludwigsfelde und arbeitet hauptberuflich als Raumgestalterin, als Illustratorin für Verlage und als Malerin, wobei ihre Kunst oft auch auf den Kunden ausgerichtet ist. „Meine Bilder sind eigentlich immer Szenografien für jemanden“, erklärt sie. „Dabei denke ich oft im großen Rahmen, kleine Bilder male ich selten. Sie sind eben nie richtig von der Raumgestaltung losgelöst.“
„Für mich sind Potsdamer immer sehr selbstbewusst und stilsicher“
Die Werke der aktuellen Ausstellung im Rathaus sind zwar keine Auftragswerke, trotzdem sind auch hier die meisten auf großflächige Leinwände gebannt. Farbenfrohe, zum Abstrakten hin verwischte Kunstwerke, die verschiedene Heimat-Motive zeigen. Weil die für Yell viel mit Menschen zu tun haben, sind zum Beispiel ihre Oma und ihr Opa auf zwei Bildern abgebildet – naiv gemalt, mit knubbeligen Gesichtszügen. Ganz anders dagegen die Darstellungen von Potsdamer Bewohnern: Stilvoll hergerichtet mit Hüten oder Tüchern lesen sie etwa Zeitung im Holländischen Viertel. Auch ein Hochzeitspaar vor dem Rathaus gibt es zu sehen, natürlich stilecht mit Blumenstrauß. „Für mich sind Potsdamer immer sehr selbstbewusst und stilsicher“, so die Künstlerin, die einige Jahre in Potsdam für einen Innenarchitekten gearbeitet hat. „Deswegen habe ich hier auch mit Mustern gearbeitet, um das noch mehr hervorzuheben.“ Überhaupt sei Potsdam auch ein Stück Heimat, an dem sie vor allem die Architektur, aber auch die vielseitige Seenlandschaft fasziniere. Und so präsentiert sie unter anderem eine Ansicht der Glienicker Brücke inklusive barocker Fassade und Kugellampen, die sie sehr liebt, wie sie sagt. Schloss Sanssouci – klassisch von der Treppenterrassenseite aus in klaren frühlingshaften Farben aufgefangen – darf natürlich auch nicht fehlen, aber auch eine beruhigende Seenlandschaft mit vielen Segelbooten in romantischer Abendatmosphäre präsentiert sie im Rathaus.
Neben den vielen Stadtansichten kommt sie am Ende eines kleinen Flures doch wieder auf Menschen zurück. Mit Bleistift und dezenten Farblasierungen auf Holz gefertigt, hängen dort Porträts ihrer liebsten Vorbilder, die in ihrem Detailreichtum schon ein wenig aus der Reihe fallen. „Zeichnen ist auch eine meiner großen Leidenschaften, und diese Bilder würdigen Menschen, die ich sehr verehre“, erklärt Yell. So sei die Schauspielerin Agnes Kraus etwa für sie ein Stück Heimat, weil sie diese so gerne in ihrer Rolle als Schwester Agnes in dem gleichnamigen Defa-Film gesehen habe. „Nun ja, und Loriot hier bringt mich und viele andere Menschen zum Lachen, also der Inbegriff von Heimat.“
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