Landeshauptstadt: Vier in einer Kugel
Zirkus mit Artistik und Clowns, aber wenig Getier
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Bornestedter Feld - Das war am Donnerstagabend Zirkuskunst wie in guten alten Zeiten: perfekte Artistik, Angstschauer, wenn sich die Drahtkugel öffnet und trotzdem vier Motorräder mit bis zu 80km/h darin kreisen, und Clownerie vom Feinsten, so dass es nicht nur Lachsalven, sondern auch ein herzerwärmendes Schmunzeln gab. Der große russische Staatszirkus – wie er sich noch nennt, obwohl es sicher keine großzügige finanzielle Unterstützung mehr gibt wie in sozialistischen Zeiten – macht seinem Namen alle Ehre. Und das Publikum dankt es ihm. Zur Premierenvorstellung war das gutgeheizte Zelt nicht nur fast voll besetzt, das Publikum strahlte auch die Zirkuslust zurück, die ihm vermittelt wurde. Schade allerdings, dass es offenbar immer schwieriger wird, Tiere mit auf die Reise zu nehmen. Deshalb war neben Hund, Ratte und Pferd auch die Löwengruppe die einzige, die in freundlicher Dressur noch vorgeführt wurde. Bereits in Gefangenschaft geboren, haben die Löwen ihre Schweizer Dompteure Catharina und Dominik Gasser als Rudelchefs anerkannt, und in Richtung Tierschützer betont das Programm, dass es ihnen mit großem Auslauf entsprechend gut geht.
Die Stars des Abends waren aber zweifellos die Clowns und die Motorradfahrer im Todesglobus, trainiert von dem Brasilianer Daniel Diorios, der auch schon in Las Vegas Erfolge verbuchte. Zu Viert rasen die Biker durch die Metallkugel und lassen den Zuschauern das Blut in den Adern stocken. Oleg Popov tritt dagegen als unvergleichlicher Beherrscher der leisen Töne auf. Bereits seit über 50 Jahren fasziniert dieser König der Clowns sein Publikum und es geht von ihm die Fama, dass er in seinem ganzen Leben nicht eine einzige Vorstellung wegen Krankheit habe ausfallen lassen. Ans Aufhören denkt er mit seinen 76 Jahren noch immer nicht, so lange der Zirkus noch ruft, will er ihm treu bleiben. Scheinbar alterslos mit seiner roten Knollennase, dem Wuschelkopf und der karierten Mütze, kann er ein Lächeln auf die Gesichter von Jung und Alt zaubern und sogar die Tiere, mit denen er arbeitet – ein verschmitzter Hund oder die wendige Ratte – scheinen zu lächeln, wenn sie ihren Herrn und Meister hinters Licht führen. Auch Popovs deutsche Ehefrau Gabriela hat es als Porzellanpuppe zu unvergleichlicher Ausstrahlung gebracht. Da ist Allan Harrison ein ganz anderes Kaliber. Auch nicht mehr ganz der Jüngste, verblüfft er mit seiner Schwimmbeckennummer und löst Lachsalven aus. Garik Avetisyan als Charly-Chaplin-Imitator und Pausenclown hat es da etwas schwerer. Erstaunlich allerdings, wie er die „Laienkünstler“ aus dem Publikum animieren kann.
Doch auch all die anderen Artisten zeigen beachtliche Leistungen. Alfredo und Anna mit ihren verblüffenden Illusionstricks, Rodion Girgenov, der Mann ohne Knochen, der sich in einen Glaskästen zwängt, das Duo Shulga/Kiroushenkov, die bei ihren Handstandvoltigen die Schwerkraft scheinbar ebenso überwunden haben wie die Kozlov-Gruppe am Gleitreck. Hella Dittfeld
Der Russische Staatszirkus gastiert am Volkspark, Georg-Hermann-Allee. Vorstellungen noch heute 16 und 20 Uhr und morgen 11 und 14.30 Uhr.
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