Homepage: Vom Hekdesch zur Unfallklinik Ausstellung zu Jüdischem Krankenhaus Berlin
Seit 250 Jahren gibt es das Jüdische Krankenhaus Berlin (JKB). Es hat alle Stationen, Irrungen und Wirrungen der deutschen und Berliner Geschichte überlebt – vom Großen Kurfürsten, über die Nazi-Diktatur bis zum rot-roten Senat.
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Seit 250 Jahren gibt es das Jüdische Krankenhaus Berlin (JKB). Es hat alle Stationen, Irrungen und Wirrungen der deutschen und Berliner Geschichte überlebt – vom Großen Kurfürsten, über die Nazi-Diktatur bis zum rot-roten Senat. Studierende der Uni Potsdam widmen dem Krankenhaus nun gemeinsam mit dem Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) eine Ausstellung, die am 22. August in dem Krankenhaus eröffnet wird.
„Den Anstoß hat die Krankenhausleitung gegeben“, sagt Elke-Vera Kotowski vom MMZ, die das Projekt leitet. Die bereits von Potsdamer Studenten geplante Dreyfus-Ausstellung diente als Vorbild. „Mein Motto ist Learning by doing“, sagt die Projektleiterin. Und so durften sich die Studierenden von der Konzeption bis zum Aufbau und pädagogischen Konzept der Ausstellung in allen Details versuchen. So kommt auch das Motto der Präsentation aus ihrer Feder: „Vom Hekdesch zum Hightech – 250 Jahre Jüdisches Krankenhaus Berlin“.
„Ein Hekdesch ist eine Stiftung, ein Hospiz für durchreisende Juden“, erklärt Kotowski. Dort wurden auch Kranke gepflegt. Hier liege der Ursprung der jüdischen Barmherzigkeit. Ein ebensolches Hekdesch gründeten die Juden, die vom Großen Kurfürsten ab 1671 zurück nach Brandenburg gerufen wurden. Es war der Ursprung für eines der ersten konfessionellen Krankenhäuser in Preußen. Das entstand 1756 in der Oranienburger Straße in Berlin. Der Betrieb verlief so erfolgreich, dass 1861 der Platz knapp wurde. Ein neuer Bau musste her, der auf dem Gelände des heutigen AHAWA-Gebäudes in Berlin Mitte entstand. „Das neue Haus hatte die modernsten technischen Bedingungen der Zeit“, so Kotowski. Dazu gehörte das erste Wasserklosett in einem Krankenhaus – entworfen vom damaligen Direktor der Charité.
„Das JKB war immer ein offenes Krankenhaus, in dem Patienten jeder Herkunft und Religionszugehörigkeit behandelt wurden“, schildert die Projektleiterin. Soviel Weltoffenheit war den Orthodoxen Juden in Berlin ein Dorn im Auge. So trug das JKB zur Spaltung der Jüdischen Gemeinde in Berlin bei. Dem Wachstum des Krankenhaus tat das keinen Abbruch. 1914 wurde abermals ein neuer Bau in Angriff genommen. Damals zog das JKB an seine heutige Wirkungsstätte im Berliner Stadtteil Wedding. Aufsehen erregte dort beispielsweise der weltweite erste Nierenchirurg James Israel.
Mit der Machtergreifung der NSDAP wurde das Klima in den 30er Jahren für das jüdische Krankenhaus schwierig. Anders als andere jüdische Einrichtungen in Deutschland, musste das JKB aber nie seinen Betrieb einstellen. Selbst als 1943 die jüdische Gemeinde in Berlin aufgelöst wurde, machte das Krankenhaus weiter. Initiativen zur Schließung Anfang der 40er Jahre wurden aus der NSDAP selbst verhindert. So wurde das Krankenhaus für einige jüdische Ärzte und das Krankenhauspersonal zur Rettung. Sie durften sogar weiter ihrem Beruf nachgehen. „Als die Bomben auf Berlin fielen, durften auch jüdische Ärzte plötzlich wieder Arier behandeln“, sagt Kotowski. Trotzdem ging die Judenverfolgung auch am JKB nicht spurlos vorüber, gab es doch auf dem Gelände ein Sammellager für die Deportationen.
Nach dem Krieg machte das Krankenhaus fast nahtlos weiter. Schon zwei Tage nach der Kapitulation kam das erste Baby im JKB zur Welt – ein christliches. Nach und nach kehrten Juden zurück nach Berlin und in das Krankenhaus. Doch die stetig steigenden Kosten des Klinikbetriebes überstiegen zusehends die Mittel der jüdischen Gemeinde, die das Haus privatwirtschaftlich führte. So ging der Betrieb 1963 an den Berliner Senat über, der das JKB seither wie ein kommunales Krankenhaus finanziert. Nach wie vor sitzt die Gemeinde aber mit im Kuratorium. Heute ist das JKB Unfallklinik für die Bezirke Mitte und Wedding. „Anhand der Geschichte des Krankenhauses wollen wir auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei großen Religionen Judentum, Islam und Christentum aufzeigen“, erläutert Kotowski. Die Ausstellung richtet sich daher gezielt an Schulklassen. Bodo Baumert
Bodo Baumert
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