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Landeshauptstadt: Vom Himmel gefallen

HFF-Absolvent Dietrich Brüggemann war mit „Kreuzweg“ zu Gast im Thalia – sein Film gilt als Favorit für den Goldenen Bären

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Er gilt als Favorit auf den goldenen Berlinale-Bären bei den Filmkritikern – gleichzeitig ist „Kreuzweg“ ein Film, den es ohne das Festival vielleicht gar nicht geben würde. „Die Idee ist quasi vom Himmel gefallen“, erzählte Regisseur Dietrich Brüggemann am Donnerstagabend im Babelsberger Thalia-Kino nach der Vorführung vor ausverkauftem Haus auf der Bühne. Als begeisterter Festivalgänger liebe er die intensive Zeit der Berlinale, in denen sich für zehn Tage und Nächte alles nur um Filme dreht: „Das ganze eigene Denken verwandelt sich in Film“, so Brüggemann. In einer solchen Verfassung habe er sich befunden, als bei der Berlinale vor vier Jahren irgendwo zwischen den Hochhäusern am Potsdamer Platz die Idee für „Kreuzweg“ plötzlich vor seinen Augen stand – als eine moderne Leidensgeschichte: „Ich wollte ein Kind zeigen, dass an der Religion zugrundegeht – wie Jesus.“

Vom Babelsberger Publikum bekam er für das Ergebnis am Donnerstagabend herzlichen Applaus. Für den Regisseur war der Ausflug im Rahmen der „Berlinale goes Kiez“-Reihe auch eine Art Heimspiel – schließlich hat er sein Handwerk an der Babelsberger Filmhochschule (HFF) gelernt. Bis kurz nach Mitternacht diskutierten Brüggemann, seine beiden Schauspieler Franziska Weisz und Florian Stetter, Kameramann Alexander Sass und Produzent Jochen Laube mit dem Publikum über den Film. „Kreuzweg“ erzählt von der 14-jährigen Maria – gespielt von Lea van Acken –, die durch ihre streng kirchliche Familie in Gewissensnöte gerät, an denen sie schließlich zerbricht.

Gedreht ist der Film in nur 14 Szenen, die jeweils den Stationen des christlichen Kreuzweges entsprechen. Die Produktion hat das aber weder günstiger noch einfacher gemacht, wie die Filmemacher berichteten. Besonders die Schauspieler waren durch die langen Einstellungen herausgefordert. Florian Stetter – er spielt den Priester der fanatischen Bruderschaft, der Marias Familie angehört – musste allein in der ersten Szene in 15 Minuten 16 Seiten Text sprechen.

Vorbereitet habe er sich beinahe meditativ, mit Kopfhörern, die die Außengeräusche unterdrückten, erzählte er. Auch Franziska Weisz – Marias Mutter, deren harte Umgangsformen gegenüber den Kindern für den Zuschauer kaum erträglich sind – berichtete von einer besonderen Art der Konzentration im gesamten Filmteam: „Das ist eine Art von Adrenalin, die man sonst nur vom Theater kennt.“ Das Glücksgefühl nach einer gelungenen Aufnahme verglich sie mit Extremsport. Auch hier gab es Lob vom Publikum: „Super, Frau Weiß, ich habe lange nicht mehr eine Filmfigur so verabscheut wie diese Mutter“, sagte ein Zuschauer.

Ob der Film auch der Berlinale-Jury eine oder mehrere Auszeichnungen wert ist, wird sich am heutigen Samstagabend bei der Preisverleihung zeigen. „Klar ist man aufgeregt“, räumte Brüggemann ein: „Niemand trainiert für Silber.“ Allerdings sei beim Film anders als beim Sport nichts messbar, sondern nur diskutierbar. „Ich bin gespannt, wie so eine Jury entscheidet“, sagte er.

Deutscher Kinostart für „Kreuzweg“ ist am 20. März, als Vorpremiere der Film ist bereits am 18. März um 16.30 Uhr erneut im Babelsberger Thalia zu Gast – mit Regisseur Brüggemann. „Wenn Sie dann die gleichen Fragen stellen, erzähle ich auch wieder dasselbe“, scherzte der Regisseur zum Abschied.

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