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Volle Reihen. Die Friedenskirche war Ort des ZDF-Fernsehgottesdienstes.

© dpa

Landeshauptstadt: Vom inneren Frieden

ZDF-Fernsehgottesdienst zum Friedrich-Jubiläum aus der Friedenskirche im Park Sanssouci

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Ein Fernsehgottesdienst ist natürlich inszeniert. Das Fernsehteam sieht eine solche Veranstaltung durch die Kamera, mit den Augen eines TV-Zuschauers. Und so fehlte dem morgendlichen Gottesdienst am Sonntag in der Friedenskirche Sanssouci eine gewisse Lockerheit. Alles musste der Sendezeit untergeordnet sein. Jedes Wort, jedes Lied, jedes Musikstück hatte sich danach zu richten. Und die Gemeinde, die wie eine Staffage dabei wirkte, musste schon 30 Minuten vor Gottesdienstbeginn die Plätze einnehmen. Denn alles sollte störungsfrei ablaufen.

Die im ZDF ausgestrahlte Übertragung vermittelte dann eine ganz andere Wahrnehmung: Geschlossenheit, Wärme, entspannte Gesichter, eindrucksvolle Bilder aus der Kirche mit dem berühmten Mosaik aus dem 13. Jahrhundert oder dem farbenfrohen Rosettenfenster, das von der Orgel eingerahmt wird. Erlebnisreiches Fernsehen eben, gesendet für zahlreiche Zuschauer im ganzen Land – deren Zahl schwankt bei den Fernsehgottesdiensten zwischen einer halben Million und rund 900 000.

Aus der Friedenskirche schwenkte die Kamera zu den nahe gelegenen Weinbergterrassen mit dem Schloss Sanssouci hinüber. Der berühmteste Preußenkönig, Friedrich II., wählte es für fast 40 Jahre zu seiner Sommerresidenz. In ihr wollte er, der zunächst Anhänger aufklärerischer Ideen war und dem Schönheitskult frönte, sich vor der Welt zurückziehen. Friedrich verbarg sich in ihr zwischen Rokoko-Girlanden, Tabaksdosen und Perücken, während sich draußen eine neue Welt formierte. Diesem Monarchen, dem man Widersprüchliches in seinem Denken und seinen Taten bescheinigen muss, war der ZDF-Fernsehgottesdienst zu dessen 300. Geburtstag gewidmet. Auch Ministerpräsident Matthias Platzeck hatte sich zu den Gottesdienstbesuchern gesellt.

Den zahlreichen Friedrich-Geburtstagsfeiern in der Landeshauptstadt sollte dieser Gottesdienst eine besondere Farbe geben. Doch es wurde einem der Nachfolger dieses Königs, Friedrich Wilhelm IV., eine Hauptrolle im Gottesdienst zugewiesen. Dieser „Romantiker auf dem Thron“ war der Erbauer der Friedenskirche und wurde mit seiner Frau, Königin Elisabeth, in diesem Gotteshaus zur letzten Ruhe gebettet. Der König war im Gegensatz zu seinem Vorfahren Friedrich jedoch kein Glaubenszweifler. „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ war sein Leitsatz. Der innere Frieden, den er nur bei Gott fand, galt für ihn als das A und O. Doch Widersprüchliches in der Politik kann man ebenfalls nicht von der Hand weisen. Das Volk als Souverän lehnte er ab, zu den Revolutionären in Baden schickte er Interventionstruppen, die bei Standgerichten zahlreiche Todesurteile verhängten.

Die Predigt von Superintendent Joachim Zehner am gestrigen Sonntag hat eher den inneren Frieden, den Friedrich Wilhelm IV., doch auch die Menschen von heute ersehnen, in den Mittelpunkt gestellt. Das nicht uninteressante Verhältnis Friedrichs II. zum christlichen Glauben, seine Zweifel, kamen nur am Rande vor. Die Friedenskirche als Ort der Inspiration hatte Vorrang. „Hier wird unsere menschliche Sehnsucht nach mehr gestillt. Friede nicht als Wunsch, Friede als Gabe, die uns erfüllen kann, wenn wir uns dafür öffnen“, sagte der Superintendent. Zuvor hatten Mitglieder des Gemeindekirchenrates und Teilnehmer des Glaubenskurses davon erzählt, wie wohltuend für sie beispielsweise der Besuch der Friedenskirche ist. Neben den Chorälen, die in der Masse viel Pathos erzeugten, hätte außerdem wenigstens ein Lied, das das Gefühl unserer Tage reflektiert, dem Gottesdienst gut getan.

Musikalisch war der Vocalkreis Potsdam unter der Leitung von Matthias Jacob und Organist Tobias Scheetz in gewohnter Qualität mit dabei. Sie musizierten Werke von Carl Philipp Emanuel Bach und Mendelssohn Bartholdy, Komponisten, die zur Zeit Friedrichs II. und Friedrich Wilhelms IV. mit Potsdam eng verbunden waren. Klaus Büstrin

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