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Landeshauptstadt: Vom lieben Clown zum Rebell

„Till Eulenspiegel“ für die DDR zu rebellisch/ UCI–Kino zeigt ihn an Märchentagen

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„Till Eulenspiegel“ für die DDR zu rebellisch/ UCI–Kino zeigt ihn an Märchentagen Märchen sollen die Phantasie anregen, imaginäre Bilder schaffen. Neben zahlreichen Autoren haben sich auch Regisseure den Volksgeschichten angenommen und versucht, diese Welten in ihrer Kunstform umzusetzen. Gerade die ehemalige DEFA ist für ihre farbenprächtigen, Kindermärchenfilme bekannt. Aber auch abseits der bekannten Produktionen entstanden in den Studios großartige Filme für Erwachsene, die jene Thematik aufgriffen. Einer davon ist „Till Eulenspiegel“ vom Potsdamer Regisseur Rainer Simon, dessen Film das UCI-Kino im Rahmen des Ende September stattfindenden Märchenkongresses aufführt. Die aus einem Volksbuch stammende Legende spielt eigentlich im 14. Jahrhundert und erzählt die Geschichte des Bauernsohns Till Eulenspiegel, der in die weite Welt auszieht und sich auf seiner Reise durch viele Streiche und Possen mit den Machthabenden der damaligen Zeit anlegt. Rainer Simons Version ist jedoch eine Adaption der Filmerzählung der Autoren Christa und Gerhard Wolf, die die Legende in die Zeit vor den Bauernkriegen 1524/25 verlegten. Als das Autorenpaar bei Simon zwecks Regiearbeit anfragten, sagte er sofort zu, schließlich faszinierte ihn das Rebellische an der Figur. Doch bis zur Umsetzung gab es noch einige Hürden zu überwinden, denen das Obrigkeitswidersetzen des jungen Mannes missfiel. „Natürlich verstand die kulturpolitischen Verantwortlichen das Widerspenstige in der Figur als Angriff gegen sie selbst und wollte den Film stoppen,“ erklärt Simon die schwierigen Vorbedingungen zum Dreh. „Da die Wolffs ihre Film-Vision als historisches Gemälde mit vielen Massenszenen angelegt hatten, konnten die Verantwortlichen ökonomische Probleme als Vorwand für ein eigentlich ideologisch begründetes Verbot des Films nennen.“ Doch dank eines positiven Gutachtens der Akademie der Wissenschaften durfte Simon dann doch drehen. Das Endprodukt ist, wie Simon beschreibt, ein Film, der sich durch seinen „sinnlich derben lakonischen Erzähler mit typisierten, eindeutigen Charakteren und wenig Emotionen“ auszeichne und von üblichen Kinderbuchbearbeitungen unterscheidet, die den Helden eher als „lieben Clown“ darstellten. Und obwohl Simon seinen Film, als auch die beiden anderen Märchenfilmen, „Sechse kommen durch die Welt“ und „Wie heiratet man einen König“, die in seiner Anfangszeit als Regisseur entstanden, gerne sieht, hätte er bei den Potsdamer Märchentagen lieber etwas anderes gezeigt. „Till Eulenspiegel ist ja eigentlich eine Legende mit märchenhaften Elementen, da hätte ich lieber meine Dokumentationen aus Ecuador mit den Legenden der Indianer vorgeführt,“ zeigt sich Simon etwas enttäuscht von der Auswahl der Märchen-Tage-Veranstalter. Doch wenn das Potsdamer UCI-Kino in den Bahnhofspassagen am 24. September um 20 Uhr „Till Eulenspiegel“ spielt, wird Rainer Simon den interessierten Gästen im Anschluss für Fragen zu seiner Regiearbeit zur Verfügung stehen. Linda Könnecke

Linda Könnecke

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